20. June 2022
Die #atd22 ist ein Kongress der Association for Talent Development, der jährlich an unterschiedlichen Orten in den USA stattfindet. Sie beherbergt 13.000 Weiterbildungsexperten aus über 80 Ländern, die mehr über die Trends und Best Practices wissen möchten, die in Workshops und auf der Ausstellung weitergegeben werden.
Wer mich kennt, weiß, dass ich auf der #atd den Stand der Firma Metalog betreue und immer wieder Spaß habe, mit diesem Stand an bunten und wunderbaren Tools zwischen den eher IT-lastigen Ausstellern zu stehen.
Was war dieses Jahr neu oder anders? Viele Standbesucher freuten sich darüber, dass es die Metalogtools gibt, waren neugierig und ließen sich zum Ausprobieren einladen. Gleichzeitig gab es jetzt auch die Nachfrage nach Onlinevarianten für kleine und große Gruppen.
Ideen, die ich von der #atd22 mitgenommen habe
Mit der Einführung eines Blended Learning Ansatzes für MOOCs [Roberto Galvez] hat die Universität eine 100 % Abschlussquote geschafft.
Meine Highlights:
- Blended Learning ist besser, als die Lernenden mit dem MOOC (Massive Open Online Course) allein zu lassen.
- Im Kalender werden 3 Stunden pro Woche fixiert, wobei die erste Stunde als Sprechstunde abgehalten wird und die beiden weiteren Stunden für das Selbstlernen und Vorbereiten für die nächste Lerneinheit verwendet werden.
- Wöchentliche Abgabetermine helfen den Lernenden, die Zeit besser zu managen.
- Es braucht eine „Community of Learners“. Diese kann über die Dauer des MOOCs innerhalb der Lerngruppe stattfinden, danach kann man alle Lernenden in eine Gesamtgruppe zusammenschließen.
Ein neuer Begriff: Scrap Learning oder Lernen für die Tonne
Darunter versteht man die Menge an Lerninhalten, die zwar vermittelt wurden, aber von den Lernenden bei der Arbeit nicht angewendet werden. Im Wesentlichen bedeutet “Scrap Learning” verschwendete Schulungszeit und verschwendetes Geld. Ich dachte, dass das eher ein Spaßbegriff sei, jedoch kann man sogar die Rate des Scrap Learning berechnen!
Level 3 Evaluierung – leicht, glaubwürdig und umsetzbar [Ken Phillips]
Wer sich schon mal mit den 4 Levels von Kirkpatrick beschäftigt hat, weiß, dass Level 3 nicht einfach zu messen ist: es geht um die Veränderung der Verhaltensweisen, die zu den gewünschten Ergebnissen führen.
Ken Phillips stellte eine einfache Methode vor, die auf drei Kernfragen, einer Stichprobengröße von 25 – 30 Teilnehmenden und Fokusgruppen beruht:
- Wie viel Prozent der Trainingsinhalte haben Sie verwendet?
- Wie sicher sind Sie, dass diese Schätzung richtig ist?
- Was hat Sie gegebenenfalls von einer Anwendung abgehalten?
Aus den Antworten der Fragen eins und zwei wird berechnet, wie viel vom Gelernten höchstwahrscheinlich angewendet wird und es gibt auch den besten und schlechtesten Fall wieder. So kann das Ergebnis lauten: Höchstwahrscheinlich 55 %, im besten Fall 70 % und im schlechtesten Fall 40 %.
Aus der dritten Frage erfährt man mehr über die Hindernisse, die beim Teilnehmenden selbst, im Trainingsdesign oder in der Organisation liegen können. Auf jeden Fall wird man erkennen, an welchen Stellschrauben man drehen muss, damit das Training den gewünschten Erfolg bringen wird.
Dieser Vortrag hat mich besonders angesprochen, weil ich einmal genau in dieser Situation war: Das Unternehmen hat permanent darauf hingewiesen, dass es am Trainingsdesign und Training liegen muss, dass das Training nicht den gewünschten Erfolg gebracht hat. Erst als beim Feedback 4 Monate nach dem Training abgefragt wurde, was denn die Hindernisse in der Umsetzung waren, wurde klar, dass es vor allem an der Unterstützung durch die Organisation fehlte.
Fünf gute Ideen aus “Warum E-Learnings scheitert und wie man es ändern kann” [Tim Slade]
- Immer wieder gut: Lernen ist ein Prozess. Ja, da wurde ich schon mal gut abgeholt!
- Sei skeptisch, wenn jemand nach Training fragt!
- Tim Slade spricht von Performance-Based E-Learning und meint dazu: „Um zu messen, ob ein Lernerfolg eingetreten ist, testen Sie die Leistung zeitversetzt nach dem E-Learning“. Und nicht am Ende mit einem Quiz!
- Stelle in der Trainingsbedarfsanalyse drei Fragen: Was machen die Mitarbeiter? Was sollten die Mitarbeiter machen? Warum tun die Mitarbeiter nicht, was sie tun sollten?
- Zwinge niemanden, einen E-Learning Kurs zu beenden. Und verwende keine Zwangsnavigation!
Advancing Your Virtual Classroom Facilitation Skills [Kassy LaBorie]
Kassy ist meine Online-Trainings-Königin. Wer immer online trainiert, sollte ihr folgen und ihre Workshops oder Trainings besuchen. Wie sie mich so verzückt hat? In einem Onlinetraining mit 500 Teilnehmenden hat sie es geschafft, mich eine Stunde immer wieder zu involvieren und die Ergebnisse zurückzuspielen. Seitdem lasse ich das Argument, online sei langweilig, nicht mehr gelten. Es ist Aufgabe von uns Trainer:innen, uns so gut vorzubereiten, damit Training interaktiv ist!
Wer mehr meiner Begeisterung sehen will, hier ist mein Testimonial für Kassy!
Und ganz ehrlich: Wie auf jedem Kongress waren nicht alle Workshops auf der #atd22 toll. Einen davon habe ich nach wenigen Minuten verlassen, da der Vortragende die Folien vorgelesen hat. Das Gute ist, dass so viele Vorträge parallel laufen, dass man sofort einen anderen findet!
Speaker – Jay Shetty
Morgens um 08:00 sind die großen Speaker dran und ich vermute, dass man die Teilnehmenden so pünktlich zum Kongress bringt. Dieses Jahr war es Jay Shetty, ein ehemaliger Mönch, der jetzt seiner inneren Berufung folgt und sein Wissen mit anderen teilt. Das macht er sehr eloquent und witzig und bewegt auch ein paar tausend Menschen im Saal.
Inspirierend fand ich das Akronym TIMES:
- T für Thankfulness / Dankbarkeit
- I für Inspiration und hier besonders der Gedanke, dass man den ersten und letzten Gedanken des Tages ganz bewusst denken soll. Denn der erste Gedanke am Tag verändere, wie wir den Tag wahrnehmen.
- M für Meditation und Mindfulness
- E für Exercice / Bewegung
- S für Schlaf
Zum Nachdenken gebracht, hat mich die Unterscheidung zwischen Passion und Purpose: Passion macht mich selbst glücklich. Purpose ist für andere und somit wie ich meine Begabung verwende, um andere zu verbessern.
Und? Bei welchem Workshop wärst du gerne dabei gewesen? Lass es mich gerne in den Kommentaren wissen!
PS: Die nächste #atd ist vom 21. – 24.5.2023 in San Diego!
13. June 2022
Seit meinen ersten Anfängen im Trainingsbereich habe ich versucht, trockene Materie durch verstehbare Beispiele und vielen Übungen an den Projekten der Teilnehmenden witziger, spritziger und verstehbarer zu machen.
Der erste Workshop für Erfahrungsorientiertes Lernen
2005 war ich in einem Workshop mit dem Thema ErfahrungsOrientertes Lernen in Wien. Den ganzen Vormittag schon führten wir ein Lernprojekt nach dem anderen durch und lernten, wie dieses „ErfahrungsOrientierte Lernen“ funktioniert. Nach dem Mittagessen kam dann eine Kommunikationsaufgabe – das Tool heißt KommunikARTio – und nach wenigen Minuten sagte ein Teilnehmer laut und sehr energisch zu einem anderen: „Sei endlich ruhig! Du gehst mir schon den ganzen Tag auf die Nerven …!“ Das war ein hochemotionaler Moment und ich dachte mir, dass ich mehr über diese Methode erfahren will, die in so kurzer Zeit solche Emotionen erzeugen und dadurch mehr Lernen erreichte.
Erfahrungsorientiertes Lernen – eine Definition
Aktuelle Ergebnisse der Hirnforschung und Neuro-Didaktik zeigen: Worte allein sind für das Lernen nur ein sehr eingeschränktes Medium. Es gilt also mehrere Sinne mit einzubeziehen, teilweise sogar den ganzen Körper. Aktivierung, Emotion im Erlebnis und Reflexion — darin stecken viele Potenziale. Die Kunst liegt darin diese zu wecken und nutzbar zu machen. Erfahrungsorientiertes Lernen ist dabei das Mittel der Wahl, das diese Erfahrungen aus dem Lernprozess und den daraus folgenden Transfer ermöglicht.
Ablauf einer Lernerfahrung mit EOL
Bevor es überhaupt losgehen kann, braucht es eine Auftragsklärung. Im Trainingskontext ist das die Trainingsbedarfsanalyse, die die gewünschten Ergebnisse, die Zielgruppe, die Lernziele, den Transfer und eben auch die Inhalte klärt. Um diese Inhalte dann erlebnisorientiert rüberzubringen, dazu bedarf es der folgenden drei Schritte: Inszenieren, Durchführen und Bedeutung geben.
- Beim Inszenieren geht es darum, eine passende Isomorphie – also eine Gleichgestaltung des Lernprojektes und der Erlebniswelt der Teilnehmenden – herzustellen, damit diese während des Lernprojektes möglichst authentisch reagieren. Dies wird durch die Auswahl des geeigneten Tools, einer guten Planung der Rollen, der Regeln und Rahmenbedingungen und durch die Verwendung der „kulturellen Sprache der Gruppe“ erreicht.
- Beim Durchführen sollte die Gruppe eine selbständige Lösung schaffen. Dabei ist es gewünscht, dass sie „angemessen Scheitern“. Also nicht komplett aufgeben, sondern vorübergehend an ihre Grenzen und somit auch in Emotion kommen. Die Trainer zieht sich während dieser Phase zurück in die Beobachterrolle, er notiert interessante Prozessschritte und hält sich bereit für Interventionen zur Unterstützung.
- Bedeutung geben: Bei diesem Schritt geht es für den Trainer darum, mit den Teilnehmenden die Inhalte zu erarbeiten, die laut Trainingsbedarfsanalyse als Ziel definiert sind. Geht es zum Beispiel um Kommunikation, spricht man je nach Anforderung über klare Kommunikation, gutes Zuhören oder übt das Feedbackgeben. Ist Coaching das Thema, kann es um die Rollenklarheit des Coaches gehen. Auf jeden Fall geht es im dritten Schritt darum, den Transfer zu gestalten. Es braucht gute, anwendbare Ideen für den Alltag, die Möglichkeit, dies noch einmal im Training zu üben. Erst dann werden Brücken in den Alltag gebaut, die bei der dauerhaften Umsetzung helfen sollen.
Mini-Exkurs: Das erinnert stark an den erfahrungsbasierten Lernzyklus nach Kolb bei dem vier Schritte verbunden werden: die konkrete Erfahrung, das Beobachten und die Reflexion, die abstrakte Begriffsbildung und das aktive Experimentieren.
Meine vorübergehende Verwirrung beim Erfahrungsorientierten Lernen
Während des Trainings war ich durchaus verwirrt. Mir war klar, dass ich das alles trefflich in einer Teamentwicklung einsetzen konnte, aber unklar, wie ich das bei meinen Trainings, in denen es um Projektmanagement, Prozessmanagement und Statistik ging, einsetzen sollte.
Ich habe dann begonnen, die Tools in den Softskill-Teilen einzusetzen und auszuprobieren, welche Wirkung dabei erzeugt wird.
Erfahrungsorientiertes Lernen: Der Aha-Effekt
Eine Erfahrung bei einem Training in Istanbul hat dann einen riesigen AHA-Effekt erzeugt. Es ging um Lean Six Sigma und Prozessverbesserung und ich habe den Energiser „Stühle kippeln“ nach dem Mittagessen durchgeführt. Dabei werden Stühle in einem Kreis aufgestellt, die Teilnehmen stehen hinter den Stühlen, kippen diese nach außen und müssen eine ganze Runde gehen, ohne dass ein Stuhl dabei fällt.
Nach erfolgreicher Durchführung der Übung – und von mir völlig ungeplant – sagte ein TN zu mir: „Anna, das ist doch wie Taktzeit!“ und ein anderer: „Und wie Standardisierung.“
Und ich hatte einen wachen Augenblick und habe erkannt: Ja, genau! Ich schnappte mir ein Flipchart und einen Stift und frage: „Was hat es hier gebraucht, um die Taktzeit bzw. Standardisierung einzuführen?“ und bekam von den Teilnehmenden Antworten, die die Theorie abbildeten, die ich sonst eher monologisch von mir gegeben hätte.
Ganz generell leite ich aus einer Erfahrung die Theorie am Flipchart ab und habe gleichzeitig die Teilnehmenden voll involviert. Großartig!
Erfahrungsorientiertes Lernen und die METALOG® Tools
EOL funktioniert bei vielen Themen und den unterschiedlichsten Kontexten in der Erwachsenenbildung ebenso wie in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen im Unterricht und im außerschulischen Bereich.
Das geht sehr gut mit den METALOG® Training Tools. Ein besonderes Highlight für mich ist PerspActive, denn es ist für mich das einzige Tool, bei dem keiner den gesamten Prozess permanent kontrollieren kann. Irgendwer übernimmt natürlich am Anfang die Verantwortung, doch sobald das Tool gedreht wird, muss jemand anders die Verantwortung übernehmen. Gleichzeitig muss er beschreiben, was er sieht, und das Ziel im Auge behalten und dabei sagen „Ja, das ist die richtige Richtung“. Und diese Übernahme von Verantwortung und Führung passiert bei diesem Tool andauernd.
Ein weiteres Lieblingstool ist sicher KommunikARTio, weil es einfach genial ist für alle Arten von Kommunikation, für das Klären von Zusammenarbeit in virtuellen Teams und zum Erklären der Metaebene. Und nicht zu vergessen sind die EmotionCards: Die dürfen bei keinem Training fehlen!
Doch nebst der Verwendung der Tools ist es die Methode dahinter, die dann auch mit ganz einfachen Lernprojekten durchgeführt werden können – mit Gegenständen, die in jedem Raum zur Verfügung stehen: Stühle zum Stühle kippeln und Übungen mit Moderationskarten und Flipchartstiften, die oft als Energiser durchgeführt werden und so viel mehr Potential hätten.
Erfahrungsorientiertes Lernen hat meine Arbeit bereichert
Die Teilnehmenden sind beim EOL geistig, körperlich und emotional beteiligt. Das ist für diese am Anfang oft ungewohnt, aber die Lernenden kommen dann recht schnell darauf, dass sie selbst richtig was davon haben. Denn die Inhalte werden leichter behalten und der Transfer gelingt leichter. Nur was am Montagmorgen im Alltag anders gemacht wird, kann als echte Veränderung durchgehen.
Für mich als Trainerin ist Erfahrungsorientiertes Lernen eine ausgezeichnete Methode, meiner Verantwortung gerechter zu werden: Ich schaffe bessere Voraussetzungen, damit Lernen gelingen kann.
Wissen weitergeben – Weiterbildung EOL
Seit 2016 bin ich EOL-Trainerin und biete Seminare im Ausmaß von 1 – 12 Tagen für Trainer, Coaches, Berater, Pädagogen, Personal- und Organisationsentwickler, Ausbilder, Psychologen, Therapeuten und Interessierte an erfahrungsorientierten Lernkonzepten an. Interesse geweckt? Hier geht’s zur detaillierten Beschreibung der Weiterbildung.
Erfahrungsorientiertes Lernen in der Trainingspraxis
Du möchtest wissen, wie Erfahrungsorientiertes Lernen im Training aussehen und wirken kann? Sehr gut! Für das METALOG® Fieldbook (2022) habe ich zwei Beiträge mit zwei Einsatzszenarien geschrieben. Anna Langheiter im METALOG Fieldbook.