Information richtig weitergeben: Der Navigator hilft

Trainingsdesigner:innen aufgepasst! Lernen Sie in dieser Blog-Reihe den „Navigator“, mein Planungstool für Ihre Designs kennen. Dieses Mal schauen wir uns den Schritt „Information“ genauer an.

Gesamtprozess Navigatorich liebe Struktur – auch beim designen meiner Trainings. Deshalb halte ich mich an meinen „Navigator“, ein selbst entwickeltes Planungstool. Ich stelle Ihnen dieses Tool in neun Blogbeiträgen vor. Als Bonus enthält jeder Text sechs Methoden, drei für Präsenztrainings und drei für Online-Trainings. Hört sich gut an? Dann los!

Sollten Sie den ersten Blog der Reihe verpasst haben, fangen Sie am besten dort an: Der Navigator.

Zur Erinnerung

Ein Training besteht, je nach verfügbarer Zeit, aus mindestens einem Modul. In der Regel stehen einem für ein Modul 90 Minuten zur Verfügung. Jedes Modul besteht aus vier Schritten „Fokus“, „Information“, „Erfahrung“ und „Transfer“. Also egal, ob am Tag vier Module oder nur eines trainiert werden, jedes Modul wird nach dem Schema FIET designt.

Und jetzt: Let’s grab some information

Der Schritt „Information“ besteht aus zwei Unterschritten. Einmal geht es darum

  • die Inhalte zu präsentieren und danach
  • wird die Anwendung demonstriert.

Inhalte präsentieren

Schon die Beschreibung „Inhalte präsentieren“ ist an dieser Stelle irreführend, denn die Inhalte können vom Trainer präsentiert oder von den Teilnehmenden erarbeitet werden. Wichtig für Sie als Trainingsdesigner:in ist, sich Ihre Teilnehmenden genau jetzt vor Augen zu führen:

  • Sind es blutige Anfänger?
  • Oder abgebrühte Profis?

Ihre Einschätzung darüber entscheidet, wie viel Teilnehmeraktivität Sie zur Erarbeitung der Inhalte einplanen können. Je erfahrener die Teilnehmenden sind, desto mehr können sich die Trainer:innen zurücknehmen und die Wissenserarbeitung den Teilnehmenden überlassen.

Das Lehr-Lernkontinuum

Lehr-Lernkontinuum, Navigator

Lassen Sie mich an dieser Stelle kurz vom Lehr-Lernkontinuum erzählen. Es soll den Zusammenhang von Teilnehmeraktivität und Lernerfolg veranschaulichen. Je mehr die Teilnehmenden das zu Lernende aktiv probieren können, desto größer ist die Chance, dass sie dieses Wissen nach dem Seminar anwenden werden. Daraus folgt die These: Je mehr die Teilnehmenden involviert sind, desto größer ist ihr Lernerfolg. Wechselt die Trainer:in jedoch in die Rolle einer Lernermöglicher:in, indem sie sich zurücknimmt und den Teilnehmenden das Feld überlässt, werden diese aktiver und steigern ihren Lernerfolg.

Generell liegt die Bedeutung des Lehr-Lernkontinuums darin, möglichst viel Aktion und Interaktion in ein Training einzubauen. Je aktiver die Teilnehmenden, desto mehr lernen diese. Das kann bedeuten, dass – so wie hier – auch die Inhalte von den Teilnehmenden erarbeitet werden oder dass beim nächsten Schritt Erfahrung ausreichend geübt wird.

Was bedeutet das für Ihr Trainingsdesign?

… oder wie können Inhalte unterschiedlich an die Teilnehmenden gebracht werden?

  1. Die Information wird mittels Lehrvortrag übergeben:
    Beachten Sie die 10-Minuten-Regel. Diese impliziert, dass alle zehn Minuten eine Interaktion stattfindet, die die Teilnehmeraktivität anregt (z.B. Schätzfragen, Murmelgruppe, …).
  2. Die Teilnehmenden mit einer Aktivität aufs Thema hinführen:
    Durch die Übung erhalten die Teilnehmenden einen Über- oder Einblick ins Thema. Die Trainer:in liefert die Inhalte nach und stellt laufend den Bezug zum vorher Erarbeiteten her (z.B. Lernlandkarte, Kopfstandmethode, …).
  3. Die Teilnehmenden erarbeiten Inhalte selbst:
    Die Inhalte werden so aufbereitet und zur Verfügung gestellt, dass sich die Teilnehmenden die Inhalte selbst erarbeiten können. Die Trainer:in wird zur Lernermöglicher:in und betreut den Lernprozess (z.B. Teach back, Stühle kippeln für die Themen Taktzeit, Standardisierung, Moderation, …).

Anwendung demonstrieren

Im Anschluss an den Informationstransfer wird die Anwendung der Inhalte  – wann immer möglich – demonstriert. Diese Demonstration der Anwendung habe ich bei Hardskills wie Projektmanagement und Six Sigma ganz automatisch gemacht und meist an einem lebensnahen und/oder lustigen Beispiel wie Heiraten gezeigt. Doch gerade bei Themen wie Kommunikation, Coaching und Feedback geben ist es noch viel wichtiger zu zeigen, wie das Gelernte im Alltag umzusetzen ist.

Die Inhalte müssen lebendig gemacht werden, um den Teilnehmenden eine Idee davon zu geben, wie die Theorie in der Praxis angewendet wird. Schreiben Sie also Ihren Trainer:innen ein Beispiel für die Demonstration ins Trainerhandbuch.

 

Informations-Tools für Präsenztrainings

Im Folgenden stelle ich Ihnen drei Methoden vor, mit denen Sie in Präsenztrainings Informationen vermitteln können.

Quizfragen

Die Information wird mittels Lehrvortrag übergeben. Angenommen, die Präsentation hat eine Länge von 30 Minuten, dann sollten spätestens alle 10 Minuten Folien mit Quizfragen eingefügt werden. Dies ist besonders dann spannend, wenn sich die Quizfragen auf die nächsten 10 Minuten beziehen und die Antwort erst im Vortrag selbst gegeben wird. Diese Methode fokussiert die Aufmerksamkeit auf das Thema, denn die meisten Teilnehmenden sind neugierig, was denn die richtige Antwort ist. Ich habe diese Methode selbst bei einem Hirnforscher kennengelernt, der mich mit seinen knifflig gestellten Quizfragen gut am Haken hatte!

Memory

Die Teilnehmenden werden mit einer Aktivität aufs Thema hingeführt. Bei dieser Methode spielen die Teilnehmenden Memory und erarbeiten sich auf spielerische Weise die Grundlagen eines neuen Themas. Dafür werden die Lerninhalte auf Moderationskarten geschrieben. Wählen Sie zwei unterschiedliche Farben, die eine ist für die Frage- und die andere für die Antwort-Karten.

Sie können diese Methode vielseitig einsetzen: um Sprachen zu lernen (Tasse – Cup), Buchhaltung (Gewinn- und Verlustrechnung – Definition) oder Software (Bilder eines Icons – Erklärung des Icons). Suchen Sie aber maximal 20 Begriffspaare heraus und überlegen sich genau, wie die Trainer:in mit den erarbeiteten Begriffen weiterarbeiten kann.

Teach back

Die Teilnehmenden erarbeiten die Inhalte selbst. Für diese Methode bilden die Teilnehmenden Gruppen von 3 bis maximal 5 Personen. Diesen Gruppen werden dann die vorbereiteten Materialien ausgeteilt, die diese durcharbeiten. Zusammen notieren sie auf einem Flipchart, welche Inhalte besonders wichtig sind. Daraus erarbeiten sie eine knackige Präsentation, in der sie die Inhalte den anderen präsentieren oder vorbereitete Fragen beantworten. (Gerade das steigert die Qualität der gelernten Inhalte enorm.)

Für Sie als Trainingsdesigner:in ist wichtig, dass die Materialien dem Schwierigkeitsgrad der Teilnehmenden angemessen aufbereitet sind.

Gut zu wissen: Die Qualität der Präsentation steigert sich ungemein, wenn sie den Gruppen ein Format vorgeben, in dem präsentiert wird (z.B. 4 Felder am Flipchart) und wenn ganz klare Arbeitsanweisungen mit Fragen/Themen mitgegeben werden, die unbedingt in Betracht gezogen werden sollen. Ergänzend hat sich die Frage nach der Relevanz des erarbeiteten Inhalts für den Arbeitsalltag sehr bewährt.

Informations-Tools für Onlinetrainings

Information richtig weitergeben. NavigatorGilt für Präsenztrainings die 10-Minuten-Regel, so reduziert sich die Zeit ohne Interaktion im Onlinetraining auf 5 Minuten. Das bedeutet nicht, dass man immer etwas in den Chat schreiben muss oder am Whiteboard interaktiv wird; es reicht, wenn kurze Interaktionen vorkommen.

Rot-Grün-Fragen

Diese Art der Fragen habe ich erst mit dem Onlinetraining schätzen gelernt. Denn ich mag es, wenn meine Teilnehmenden die Kamera eingeschaltet haben. So brauche ich sie nur aufzufordern, etwas Rotes und Grünes zu suchen und je nach Antwort in die Kamera zu halten. Das Lustigste, das ich je zu sehen bekam, waren eine rote und eine grüne Paprika!

Technisch benötigen alle eine eingeschaltete Kamera, natürlich kann man auch den Chat oder ein Quiztool verwenden.

Beispiele aus der Live-Online-Trainer Ausbildung

  • Ist es gut, Online lange Pausen zu machen?
  • Kann man im Onlinetraining mit Flipchart und Pinnwand arbeiten?
  • Können die Teilnehmenden in den Gruppenräumen jederzeit zum Trainer in den Hauptraum kommen?
  • Die Teilnehmenden schreiben etwas in den Chat: soll der Trainer das sofort kommentieren?

Kopfstandmethode

„Wie können wir garantieren, dass keines unserer Produkte verkauft wird?“ oder „Wie können wir sicherstellen, dass ein Onlinetraining auf jeden Fall schief geht?“ Das sind die typischen Fragen der Kopfstandmethode, bei der nicht der gewünschte Fall, sondern das Gegenteil abgefragt wird. Das zaubert meist ein Schmunzeln auf die Lippen der Teilnehmenden und schon legen Sie los.

Online kann man das in den Chat schreiben lassen, viel besser eignet sich das Whiteboard, das mit Post-its beschrieben wird. Denn dann kann gleich gruppiert werden und später können nach der Präsentation der Inhalte die Gegenmaßnahmen ergänzt werden.

Murmelgruppen

Während des Vortrags unterbricht die Trainer:in die Teilnehmenden mit der Bitte, eine bestimmte Frage in Zweiergruppen zu besprechen. Dabei besprechen diese, was gerade besonders interessant/relevant/neu war oder was sie am liebsten anwenden würden. Und ja, das geht auch Online, wenn man die Teilnehmenden für 2 Minuten in Break-Out-Rooms schickt. Nach der Murmelgruppe fragt die Trainer:in, ob es Fragen zum Inhalt gibt und beantwortet diese.

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Fokus setzen: Den Navigator aktiv nutzen

Trainingsdesigner:innen aufgepasst! Lernen Sie in dieser Blog-Reihe den „Navigator“, mein Planungstool für Ihre Designs kennen. Dieses Mal schauen wir uns den Schritt „Fokus“ genauer an.

Gesamtprozess NavigatorTrainings im völligen Chaos designen und am Ende sogar noch etwas vergessen? Das muss nicht so sein! Ich liebe Struktur. Deshalb halte ich mich an mein selbst entwickeltes Planungstool, den „Navigator“. Ich stelle Ihnen dieses Tool in neun Blogbeiträgen vor. Als Bonus enthält jeder Text sechs Methoden, drei für Präsenztrainings und drei für Online-Trainings. Hört sich gut an? Dann los!

Sollten Sie den ersten Blog der Reihe verpasst haben, fangen Sie am besten dort an: Der Navigator.

Zur Erinnerung

Ein Training besteht, je nach verfügbarer Zeit, aus mindestens einem Modul. In der Regel stehen einem für ein Modul 90 Minuten zur Verfügung. Jedes Modul besteht aus vier Schritten „Fokus“, „Information“, „Erfahrung“ und „Transfer“. Also egal, ob am Tag vier Module oder nur eines trainiert werden, jedes Modul wird nach dem Schema FIET designt.

Und jetzt: Fokus setzen

Wenn ein Modul beginnt, ist es für die Teilnehmenden wichtig, sich zu orientieren und den Zusammenhang zwischen den Modulen zu erkennen. Erst danach baue ich Sinn für das neue Thema auf, damit die Teilnehmenden wissen, wozu sie die neue Information lernen sollen.

Rahmen setzen, Zusammenhang verstehen

Für mich ist deshalb der erste Schritt im Design jedes Moduls, dass ich den Rahmen für die Teilnehmenden setze. Zwei Fragen werden geklärt:

  • Wo genau befinden wir uns im Lernprozess?
  • Welche Verbindung gibt es zu den vorher und nachher stattfindenden Modulen?

Die Antworten auf diese Fragen helfen vor allem den strukturierten Teilnehmenden, die eben genau folgendes herausfinden wollen: Wo sind wir im Training und wo ist der Zusammenhang? Ist das geklärt, können sie sich besser auf die Inhalte konzentrieren.

Für die Umsetzung von „Rahmen setzen“ reicht dann oft schon ein einziger Satz: „Vor dem Mittagessen haben wir Thema X behandelt, in dieser Einheit wird es um Thema Y gehen“ oder „Im ersten Modul haben wir den Überblick über die 5 Elemente von XY erarbeitet, jetzt steigen wir tiefer in das erste Element ein.“ Sie können es den Teilnehmenden sogar noch leichter machen, indem Sie ihnen ein optisches Orientierungselement zur Verfügung stellen. Das kann ein Flipchart oder eine Agenda sein, die jederzeit sichtbar ist und auf denen gezeigt werden kann, an welchem Punkt sich die Gruppe im Seminar gerade befindet.

Sinn aufbauen

Im nächsten Unterschritt im Fokus erfahren die Teilnehmenden, warum es für sie Sinn macht, Neues zu lernen und wofür sie es benötigen werden. Nutzen Sie dafür am besten Methoden, die auf das Thema einstimmen und die Teilnehmenden emotional abholen. Der Sinn des Seminars an sich sollte bereits vor Beginn in Form von klaren Trainingsbeschreibungen, einem Live Online Training oder einem mitzubringenden Projekt aufgebaut werden. Je alltags- und transferorientierter das geschieht, desto wichtiger ist es, darauf im Training selbst dann Bezug zu nehmen.

Jetzt zu Beginn jedes Moduls wird in kleinen Schritten immer wieder Sinn für die Lerneinheit aufgebaut. Und da müssen die Teilnehmenden nicht rufen „Hurrah, das wollte ich immer schon lernen!“, es reicht, wenn sie mit einem guten Fokus zu einem „Ich glaube, das könnte für mich interessant/wichtig/relevant sein“ kommen.

Fokus-Tools für Präsenztrainings

Im Folgenden stelle ich Ihnen drei Methoden vor, mit denen Sie in Präsenztrainings den Sinn aufbauen.

Storytelling

Geschichten zu erzählen ist eine der besten Möglichkeiten, Inhalte zu vermitteln, denn diese Technik ist genau an die Lernbedürfnisse der Menschen angepasst. Gute Geschichten sind spannend – das führt zu Aufmerksamkeit, weniger Abschweifung und intensivem Zuhören bei den Teilnehmenden. Geschichten sind emotional – wirken also berührend, ergreifend, was der reinen Information ein Erleben hinzufügt. Aus diesem Grund verstehen Menschen über Geschichten gerade auch komplexe Sachverhalte schneller und können sie sich darüber hinaus auch wesentlich besser merken. Nur Vorteile also. Aber: Wie können Sie diese Methode nutzen?

Storytelling ist dann gut, wenn es authentisch ist. Das bedeutet: Die Trainer:in sollte die Geschichte am besten selbst erlebt haben, nicht Sie als Trainigsdesigner:in. Gerade bei unerfahrenen Trainer:innen macht es daher Sinn, auf Bestehendes zurückzugreifen (Buchempfehlung: „Erzählbar“ I und II von Hans Heß) und anzukündigen, dass die folgende Story nicht von einem selbst stammt. Für erfahrene Trainer:innen können Sie die Stichpunkte notieren, die mit der Geschichte transportiert werden sollten, sodass diese auf ihre eigenen Geschichten zurückgreifen können.

S’Gschichtl

„In der Trainingsdesign Weiterbildung gibt es die Metapher der Ballonfahrt. Ein Ballon steigt auf und fährt und landet. Am Boden kann das Land erkundet werden. Beim Fahren können Dinge von oben betrachtet werden. Die Landerkundungen sind das Training an sich, die Teilnehmer:innen sind die Lernenden. Wenn der Blick auf das Trainingsdesign gelenkt werden soll, steigt der Ballon immer wieder auf. So blicken wir aus der Rolle der Trainingsdesigner:innen auf das Training. Was ist gerade passiert? Weshalb diese Übung? Wieso an dieser Stelle? Mit der Metapher des Ballons ist dieser Switch ganz leicht zu schaffen.“

Diese Geschichte erzähle ich zu Beginn der Weiterbildung, damit die Teilnehmenden verstehen, dass sie teilweise involviert ins Training sind und dann werfe ich mit ihnen einen Blick auf das Design des Trainings und warum ich gerade was gemacht habe.

Videos

Das Bewegtbild fügt dem reinen Erzählen eine weitere Sinnebene hinzu: das Sehen. Wir alle kennen den Spruch: „Bilder sagen mehr als tausend Worte“. Ein Video zu sehen, setzt in unseren Köpfen vielfältige Bewegungen in Gang: wir assoziieren, fühlen, erinnern. Es ist also eine tolle Methode, um den Fokus zu setzen. Wichtig für den Einsatz von Videos ist, dass Sie selbst genau wissen, was bei den Teilnehmenden ankommen soll und welche Aussage das Video transportiert. Achten Sie also genau darauf, dass das Video universell einsetzbar ist, wirklich genau auf das Thema Ihres Moduls eingeht und niemanden verletzt und – aus eigener Erfahrung – diskriminiert.

Die Dauer eines Videos kann bis zu zehn Minuten betragen, auch wenn meist vermutet wird, dass die Länge drei Minuten nicht überschreiten darf. Die Aufmerksamkeit kann von den Teilnehmenden allerdings viel leichter gehalten werden, wenn sie ihnen vor dem Start des Videos eine Aufgabe mitgeben. Ich starte oft mit den Worten: „Ich werde euch jetzt ein Video zeigen, das 6 Minuten und 20 Sekunden dauert. Während ihr das Video seht, achtet bitte auf die 5 Elemente / 7 Fehler / wichtigsten Aspekte,…“ Wenn das Video zu Ende ist, soll die Trainer:in unbedingt auf diese Elemente / Fehler / Aspekte eingehen und dann auch einen Hinweis im Trainerhandbuch haben, wie auf das Trainingsthema übergeleitet wird.

Ein Video-Beispiel

Eine Fachexpertin und Trainerin hatte zwei Mini-Videos im Büro gedreht: eine schlechtes und ein gutes Verkaufsgespräch. Ihr Arbeitsaufwand lag – nach eigenen Angaben – bei 20 Minuten. Die Aufgabe an die Teilnehmenden lag darin, das schlechte Verkaufsgespräche zu analysieren und mit dem guten Gespräch zu vergleichen. Das Wunderbare daran: nicht die Perfektion des Videos zählt – es war flink mit dem Handy gedreht – sondern die Botschaft, die damit vermittelt wird.

Bingo

Bingo, das kennen viele von uns aus amerikanischen Filmen. Ein Glücksspiel, das diejenigen gewinnen lässt, die als erstes eine Reihe senkrecht, waagrecht oder diagonal auf ihrem Blatt durch Ziehungen abhaken konnten, was sie mit einem freudigen „Bingo“-Ruf zum Ausdruck bringen. Im Training nutzen Sie diese Methode folgendermaßen: Sie suchen die 16 wichtigsten Wörter des Moduls raus, die mithilfe eines Bingo-Generators auf DIN-A4-Blättern ausgedruckt und an alle Teilnehmenden verteilt werden. Zuerst markieren diese für sich, welche Begriffe ihnen bekannt, weniger bekannt und unbekannt sind. Danach tauschen sie sich mit ihren Sitznachbarn darüber aus, was sie über diese Begriffe wissen und wo sie noch Lücken haben.

Die Begriffe kommen im Laufe des Moduls alle vor und sollten dann immer auch von den Teilnehmenden abgehakt werden. Wer als erstes eine Reihe hat, ruft Bingo und erhält eine Kleinigkeit, die „gut gemacht“ ausdrückt (Applaus, etwas Süßes oder eine ähnliche Aufmerksamkeit). Diese Methode birgt einen schönen Nebeneffekt: Die Teilnehmenden wissen – noch bevor es richtig losgeht – wann sie aufpassen sollten. Zudem kann zwischendurch mit dem Dokument eine Reflexion darüber stattfinden, was sich bis zu diesem Zeitpunkt hinsichtlich der Bekanntheit der Begriffe getan hat.

Ein Bingo-Beispiel

Ein Bingo-Blatt zum Thema Trainingsdesign könnte folgende Begriffe beinhalten: Trainingsdesigner:in / Moments of Truth / Moments that Matter / Magical Moments / Businessziele / Didaktische Reduktion / Navigator / Recap / Energiser / Trainingstransfer / Kirkpatrick / Metrics that Matter / Zielgruppe / Lerrnziele / Leaner Journey / Business Journey

Fokus-Tools für Onlinetrainings

Trainingsdesign Navigator - Fokus setzenTja, viele Tools eigenen sich für Präsenz- und Onlinetrainings. Daher teile ich hier drei Tools, die auch Online wunderbar funktionieren.

Schätzfragen

Diese Art der Fragen bereichert mein Trainerleben, denn mit guten Schätzfragen kann man wunderbar Aufmerksamkeit auf ein Thema lenken. In der Vorbereitung ist es wichtig, dass man gute Fragen mit Zahlen, Daten, Fakten recherchiert, die auch so aktuell wie möglich sein sollen. Dann werden die Fragen gestellt und die Teilnehmenden dürfen fröhlich schätzen. Die Fragen können dabei unabhängig oder abhängig voneinander sein. Ob die richtigen Antworten gleich oder erst im Laufe der Präsentation gegeben werden, hängt vom gewollten Spannungsaufbau ab.

Technisch können Schätzfragen mit dem Chat oder dem Whiteboard und einem Quiztool durchgeführt werden. Wer mit dem Chat arbeitet, kann die Teilnehmenden bitten, die Schätzung gleichzeitig abzuschicken, damit die Bandbreite möglichst groß ist.

Beispiele aus der Präsenztrainer-Ausbildung

  • Wie oft wird eine Entlassung unbedacht ausgesprochen? Wie viele der so Entlassenen gehen vor Arbeitsgericht? Wie viele, die zum Arbeitsgericht gehen, gewinnen? Und was kostet das das Unternehmen?
  • Wie viele Überstunden werden in Deutschland im Jahr durchschnittlich gemacht?

Rot-Grün-Fragen

Diese Art der Fragen habe ich erst mit dem Onlinetraining schätzen gelernt, denn ich mag es, wenn meine Teilnehmenden die Kamera eingeschaltet haben. So brauche ich sie nur aufzufordern, etwas Rotes und Grünes zu suchen und je nach Antwort in die Kamera zu halten. Das Lustigste, das ich je zu sehen bekam, waren eine rote und eine grüne Paprika!

In der Vorbereitung sind Rot-Grün-Fragen den Schätzfragen ähnlich: gut recherchiert, so aktuell wie möglich und mit richtig oder falsch zu beantworten. Technisch benötigen alle eine eingeschaltete Kamera, natürlich kann man auch den Chat oder ein Quiztool verwenden.

Beispiele aus der Live-Online-Trainer Ausbildung

  • Ist es gut, online lange Pausen zu machen?
  • Kann man im Onlinetraining mit Flipchart und Pinnwand arbeiten?
  • Können die Teilnehmenden in den Gruppenräumen jederzeit zum Trainer in den Hauptraum kommen?
  • Die Teilnehmenden schreiben etwas in den Chat: soll der Trainer das sofort kommentieren?

Zitate und Sprüche

Klar kennt man das aus dem Präsenztraining, doch auch Online funktioniert der Einstieg mit Zitaten und Sprüchen wunderbar. Vor allem wenn die Teilnehmenden ihre Überlegungen dazu auf das Whiteboard oder in den Chat schreiben. Wer ein Zitat oder einen Spruch sucht, geht am besten in eine Suchmaschine, gibt das Trainingsthema ein und den Begriff „Zitat“ ein und wird schnell fündig. Wie auch bei Videos gilt es darauf zu achten, was die genaue Botschaft ist und auf welches Thema man überleiten will. Und natürlich: „Have the end in mind“.

Die Trainer:in präsentieren den Spruch über das Onlinetool und fragt: „Welchen Bezug sehen Sie in Bezug auf das Trainingsthema?“ Über die Antworten und weitere Fragen führt er die Teilnehmenden zum Thema. 

Beispiel für ein Zitat

„Wenn ich die Menschen gefragt hätte, was sie wollen, hätten sie gesagt, schnellere Pferde“. (Quelle: Dieses Zitat wird Henry Ford zugeschrieben)

Dieser Spruch passt beispielsweise gut, wenn die Teilnehmenden dazu angeregt werden sollen, über ihren derzeitigen Tellerrand zu schauen, um zu sehen, welche Möglichkeiten sie noch haben. Statt „Haben wir schon immer so gemacht“ soll damit der Entdeckergeist geweckt werden und ihnen soll klarwerden, dass sie ja weiterkommen wollen und sich mit ihren alten Gewohnheiten dabei behindern. Aus eigener Erfahrung ergänze ich, dass es wichtig ist, die Quelle zu recherchieren!

Beispiel & mein derzeitiger Favorit für einen Spruch

„Bei manchen Teilnehmenden wünsche ich mir – wie bei WhatsApp – Häkchen auf der Stirn, um zu sehen, ob meine Botschaft angekommen ist. Noch besser wäre es, wenn die Häkchen blau werden, wenn sie es kapiert haben.“

Dieser Spruch passt hervorragend zum Thema „Training“ und „Lernen“. Und wie prächtig wäre es, wenn wir als Trainer:innen immer wüssten, ob die Botschaft angekommen ist!?

 

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Der Navigator: Strukturiert Trainings designen

Trainingsdesigner:innen aufgepasst! Lernen Sie in dieser Blog-Reihe mein Planungstool für Ihre Designs kennen, den „Navigator“

Gesamtprozess NavigatorWir Trainingsdesigner:innen haben alle unsere eigene Vorgehensweise entwickelt, um Trainingsprozesse auszuarbeiten. Wenn wir aber ganz ehrlich zu uns selbst sind, müssen wir zugeben, dass diese oft chaotisch statt strategisch ablaufen. Das kostet Zeit, Energie und trotzdem hat man am Ende noch was vergessen oder nicht mitbedacht. Ich LIEBE Struktur. Deshalb halte ich mich an mein selbst entwickeltes Planungstool, den „Navigator“. In der nächsten Zeit werde ich Ihnen diesen in neun Blogbeiträgen vorstellen. Als Bonus enthält jeder Text sechs Methoden, drei für Präsenztrainings und drei für Online-Trainings. Hört sich gut an? Dann los!

Der Navigator

Das Navigationssystem im Auto sagt uns, wo wir abfahren müssen, während wir uns auf den Verkehr, mögliche Gefahren und die anderen Autofahrer:innen konzentrieren. Es hält uns den Rücken frei und sorgt dafür, dass wir wirklich dort ankommen, wo wir hinwollen. Genauso dürfen Sie sich den Navigator im Trainingsdesignprozess vorstellen. Er stellt sicher, dass wir keinen wichtigen Schritt vergessen, während wir unsere Trainings entwickeln.
Die Schritte lauten folgendermaßen:

  • Fokus
  • Information
  • Erfahrung
  • Transfer
  • Training/Tag beginnen
  • Recap
  • Energiser
  • Training/Tag beenden

Die orangen Schritte bilden den inneren Kreis des Navigators, die blauen den äußeren. Jeder dieser Schritte hat nur ein einziges Ziel: Dass die Teilnehmenden die Inhalte des Trainings verstehen, üben und nach dem Training anwenden können. Gehen wir die Schritte kurz durch, damit Sie wissen, was damit gemeint ist. Es folgen in der nächsten Zeit zu jedem Schritt weitere, ausführlichere Blogs, damit Sie auch Ideen für die eigenen Anwendung haben.

Der innere Kreis des Navigators

Ein Training besteht, je nach verfügbarer Zeit, aus mindestens einem Modul. In der Regel stehen einem für ein Modul 90 Minuten zur Verfügung, aber auch Microsessions, die kürzer sind, laufen nach dem gleichen Schema ab. Es erfordert die vier Schritte „Fokus“, „Information“, „Erfahrung“ und „Transfer“. Also egal, ob am Tag vier Module oder nur eins trainiert werden, jedes Modul wird nach dem Schema FIET designt.

Fokus

Am Anfang des Moduls setzen Sie den Rahmen und erklären, was vorher schon gelernt wurde und wie es mit der jetzigen Lerneinheit zusammenhängt. Das Hauptziel von Fokus ist es, den Sinn für die Teilnehmenden aufzubauen. Sie sollen erkennen können, dass es für sie relevant und nützlich ist. Jetzt muss nicht jeder in Jubelrufe ausbrechen, es reicht, wenn die Teilnehmenden innerlich nicken und sich denken: „Das könnte für mich wichtig sein.“

Information

Die notwendigen Inhalte werden in Information an die Teilnehmenden „übergeben“. Das kann man mit einer merk-würdigen und/oder interaktiven Präsentation erreichen oder man lässt die Gruppe selbst die Inhalte erarbeiten. Sobald die Informationen präsentiert oder erarbeitet wurden, sollte im Anschluss daran wann immer möglich die Anwendung demonstriert werden. Das kann ein Verkaufs- oder Feedbackgespräch, das vom Trainer mit einem freiwilligen Teilnehmenden durchgeführt wird. Genauso kann man z.B. Prozessmanagement oder eine Stakeholder-Analyse mit witzigen oder echten Inhalten demonstrieren.

Erfahrung

Die Teilnehmenden haben alle Informationen bekommen und gesehen, wie diese angewendet werden? Jetzt werden die Teilnehmenden selbst aktiv und wenden das Gelernte an einer auf sie zugeschnittenen Übung an. Das kann am eigenen Projekt bzw. Arbeitsprozess sein oder anhand einer Simulation oder eines Rollenspiels durchgeführt werden. Wichtig ist danach eine gute Reflexion: Konnten sie ihr neues Wissen bereits gut anwenden? Was ist gut gelungen oder wo ist noch Potenzial?

Transfer

Wir wollen ja, dass die Teilnehmenden nach dem Modul das Gelernte in ihrem Alltag anwenden. Daher ist jetzt die beste Zeit für die Teilnehmenden, sich zu überlegen, was von dem neu Gelernten im Alltag angewendet werden soll. Diese Zusammenstellung von Ideen für den Alltag wird am Ende jedes Modul fortgeführt.

Der äußere Kreis des Navigators

Jedes Modul wird von den äußeren Elementen „Training/Tag beginnen“, „Recap“, „Energiser“, „Tag/Training beenden“ umrahmt. Und während ein Modul wiederholt im Training vorkommt, braucht es die Rahmenmodule viel seltener.

Training/Tag beginnen

Ob Microsession oder mehrere Trainingstage: Zu Beginn lernt sich die Gruppe kennen und Seminarinhalte wie Organisatorisches sollten geklärt werden. Geht das Training über mehrere Tage, braucht es zu Beginn jedes Trainingstages eine Agenda: Was wartet an diesem Tag auf die Gruppe und es braucht Platz und Zeit, um mögliche Fragen zu beantworten.

Recap

Damit sich neues Wissen setzt, braucht es Wiederholungen. Sogenannte Recaps stellen kurze Wiederholungseinheiten dar, mit denen die Teilnehmenden erkennen, was sie schon gelernt haben und die Trainer:innen erkennen, ob es noch Unklarheiten oder offene Fragen gibt.

Energiser

Gerade nach einer Pause oder wenn Trainierende merken, dass die Gruppe abbaut, kommen typischerweise Energiser zum Einsatz. Ich unterscheide zwischen Energiser mit Unsinn, die die Teilnehmenden aufwecken und Energisern mit Sinn, die auch ins nächste Thema überleiten.

Training/Tag beenden

Geht eine Trainingseinheit zu Ende, ist es sehr wichtig, auf die Transferwirksamkeit zu achten. Nur wenn jetzt ausreichend Zeit zur Verfügung steht, werden die Teilnehmenden das Gelernte sortieren, sich auf die wenigen wichtigen Ideen konzentrieren und deren Umsetzung sorgfältig planen. Für mich ist das tägliche Feedback wichtiger als jeder Feedbackbogen, der von Unternehmen ausgeschickt wird. Denn nur so kann ich auf Wünsche der Teilnehmenden schnell reagieren.

Strukturierung eines 2-Tages-Trainings mit dem Navigator

So könnte ein Training mithilfe des Navigators strukturiert sein.

Wie konzipiere ich ein Training anhand des Navigators?

Wenn ich die Inhalte für das Training erstellt habe, beginne ich mit dem ersten inhaltichen Modul und bearbeite dieses mit der Struktur von FIET (Fokus – Information – Erfahrung – Transfer). Dann nehme ich ein Modul nach dem anderen und gehe dabei streng nach der Reihenfolge vor, wie es dann auch trainiert wird. Erst wenn alle Module fertig designt sind, wende ich mich den Rahmenmodulen zu. Denn erst wenn ich weiß, was inhaltlich passiert, kann ich die besten Methoden in den Rahmenmodulen nutzen. Das sind die Schritte meines Trainingsdesign-Tools Navigator. Abonnieren Sie meinen Newsletter und kontaktieren Sie mich über LinkedIn, um die nächsten Schritte und Methoden nicht zu verpassen!

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EOL im Einsatz: Gandenlos flexibel

[Dieser Artikel erschien erstmals im Metalog Magazin und darf nach freundlicher Genehmigung auch hier veröffentlicht werden.]

EOL im Einsatz“Als EOL-Mensch ist man gnadenlos …flexibel.”

Wie bist du persönlich mit EOL in Kontakt gekommen?

Ich war 2005 in einem Eintagesworkshop mit Tobias Voss in Wien. Nach dem Mittagessen führte die Gruppe KommunikARTio durch, und da sagte ein Teilnehmer zum anderen: „Sei endlich ruhig! Du gehst mir schon den ganzen Tag auf die Nerven…!“ Das war ein hochemotionaler Moment und ich habe mir damals gesagt, wenn irgendetwas in so kurzer Zeit solche Emotionen erzeugen kann, dann will ich das genauer kennenlernen.

Wie hast du dann das neue Gedankengut zum ErfahrungsOrientierten Lernen in die Praxis umgesetzt?

Erst mal gar nicht – ich musste das einfach sacken lassen. Dann bin ich in die EOL-Ausbildung gegangen und war skeptisch. Es war ja klar, dass man das ErfahrungsOrientierte Lernen für Teamentwicklung einsetzen kann, aber ich hatte damals hauptsächlich Trainings, bei denen es um Projektmanagement, Prozessmanagement, Statistik usw. geht. Wie sollte das denn funktionieren? Dann habe ich begonnen, die Tools einfach mal auszuprobieren, um zu schauen, wie die Wirkung ist. Und habe dann Schritt für Schritt erkannt, dass man die einzelnen Lernprojekte ja maßschneidern und dann sehr wohl auch für viele andere Bereiche einsetzen kann.

Eine Erfahrung bei einem Workshop in Istanbul hat dann einen riesigen Aha-Effekt für mich erzeugt: Hier ging es um die Themen Prozessverbesserung, Lean und Sixt Sigma. Ich habe das Lernprojekt „Stühle kippeln“ gemacht. Plötzlich sagte ein Teilnehmer zu mir „Anna, das ist doch so wie Taktzeit“ und ein anderer: „Ja, aber auch wie Standardisierung“. Und ich hatte einen wachen Augenblick in meinem Leben und habe erkannt: Ja, genau! Heute frage ich jedes Mal in diesem Workshop an dieser Stelle: „Inwiefern ist das Lernprojekt ‚Stühle kippeln‘ ein Beispiel für Taktzeit und Standardisierung?“ So leite ich aus einer Erfahrung die komplette Theorie am Flipchart ab und habe gleichzeitig die Teilnehmer voll involviert.

In welchen Bereichen und mit welchen Kunden hast du EOL in den letzten Jahren eingesetzt?

Ich verwende ErfahrungsOrientierte Methoden bei allen Kunden, denn für mich macht es einfach Sinn, aus einem Erleben heraus Inhalte abzuleiten. Nach dem Erleben reden wir darüber und dadurch kommen die Teilnehmer ins Denken und ins Tun. Sehr häufi g arbeite ich dann natürlich auch mit
METALOG® training tools. Ich bin sowohl in der Industrie als auch im Dienstleistungssektor bei Banken und Versicherungen unterwegs. Ich habe in den letzten Jahren viel für die Linde AG gearbeitet, aber auch in der Pharmabranche. Aktuell mache ich viele Train-the-Trainer-Programme.

Wie macht EOL für dich persönlich den Unterschied?

Aus Sicht der Teilnehmer macht für mich den Unterschied, dass sie geistig, körperlich und emotional beteiligt sind. Diese „Ich setz mich mal rein und lass mich berieseln“-Haltung fällt weg. Das ist manchmal am Anfang ungewohnt, aber die Lernenden kommen dann recht schnell darauf, dass sie selbst richtig was davon haben. Aus der Trainersicht ist das ganz klar. Man merkt sofort, dass die Teilnehmer mehr behalten und Inhalte mehr integriert werden. Zentral für uns Trainer ist ja immer der wirk- liche Transfer in den Alltag. Lernen war dann erfolgreich, wenn echte Veränderungen am Montagmorgen im Alltag passieren. Und das gelingt so viel besser und macht mir Lust und Laune. Der Hintergedanke dabei ist natürlich noch ein anderer. Ich denke, es hat mit der Lernverantwortung zu tun. Ich schaffe als Trainer die besten Voraussetzungen dafür, das Lernen gelingen kann – die Verantwortung für das Lernen selbst liegt aber bei den Teilnehmern. Das heißt natürlich, dass ich mehr vorbereite. Gleichzeitig brauche ich während der Lernprojekte auch eine andere Art von Aufmerksamkeit, um mitzubekommen, wie der Gruppenprozess läuft und wie es den Einzelnen geht.

Wer ist ein typischer Teilnehmer in der EOL-Trainerausbildung?

Mhhh … gute Frage. Ich würde sagen, das sind Menschen, die vor Menschen stehen. Alle, die anderen etwas beibringen wollen, seien es Lehrer, interne Trainer, selbstständige Trainer, Coaches, Paartherapeuten usw. Man könnte sogar sagen, alle diejenigen, die anderen helfen, sich zu verändern – und zwar von der Kleingruppe oder Familie bis hin zur echten Großgruppe mit 500 Leuten. Dabei geht auch die Erfahrungsspanne recht weit auseinander: Es kommen echte Silberrücken im Trainings- geschäft genauso wie Jungtrainer mit noch wenig Erfahrung.

Welche innere Haltung ist bei der Arbeit mit EOL hilfreich?

Häufig verlassen die Teilnehmer erst einmal ihre Komfortzone, denn sie lernen, zuzulassen, wie es ist, wenn die Gruppe „angemessen scheitert“ – was ihnen häufi g total schwer fällt. Es geht dabei nicht darum, die Teilnehmer ins offene Messer laufen zu lassen. Sondern darum, wie ich sie so scheitern lassen kann, dass sie in einen emotionalen Zustand kommen, der Lernen gut zulässt. Ein anderer Punkt ist sicher die Flexibilität. Als EOL-Mensch ist man gnadenlos flexibel und damit hängt das Thema Utilisieren, was im Raum ist, zusammen. Das heißt, Antennen und Wertschätzung dafür zu entwickeln, was gerade im Raum ist, was es hier gerade braucht und wie das für den gesamten Lernprozess genutzt werden kann. Und hier schlagen wieder zwei Herzen in meiner Brust. Einmal das Herz des Trainers und auch das Herz des Teamentwicklers: Der Trainer muss fl exibel sein und gleichzeitig doch das Ziel erreichen, das er vom Auftraggeber klar vorgegeben hat. Als Teamentwickler gebe ich dagegen eher dem Fokus nach, der spontan entsteht.

Was sind aktuell deine Lieblingstools?

Es gibt natürlich einen ganzen Haufen davon. Ein besonderes Highlight für mich ist momentan PerspActive, denn es ist für mich das einzige Tool, bei dem keiner den gesamten Prozess permanent kontrollieren kann. Irgendwer übernimmt natürlich am Anfang die Verantwortung, doch sobald das Tool gedreht wird, muss jemand anders die Verantwortung übernehmen. Gleichzeitig muss er beschreiben, was er sieht, und das Ziel im Auge behalten und dabei sagen „Ja, das ist die richtige Richtung“. Und diese Übernahme von Verantwortung und Führung passiert bei diesem Tool andauernd. Das ist für mich eine sehr schöne Metapher für alles, was momentan so im agilen Bereich passiert, wo Sachen übergeben werden und man darauf vertrauen muss, dass die Vorgänger das ganz gut gemacht haben.

Ein weiteres Lieblingstool ist sicher KommunikARTio, weil es einfach genial ist für virtuelle Projektteams. Hier kann man super lernen, wie man gut zusammenarbeiten kann, wenn man sich nicht sieht, und was es an gemeinsamen Regeln braucht, damit das gut funktionieren kann. Und nicht zu vergessen sind die EmotionCards: Die dürfen bei keinem Training fehlen!

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Lernwirksamkeit erhöhen

[Dieser Artikel erschien erstmals im Magazin TRAiNiNG und darf nach freundlicher Genehmigung auch hier veröffentlicht werden.]

Das Logo des Magazin Nicht jeder Teilnehmer profitiert gleichermaßen von einem Seminar. In diesem Artikel stellen wir Möglichkeiten für Trainer und Unternehmen vor, den Lernerfolg zu steigern und vor allem den Transfer in den beruflichen Alltag sicherzustellen.

In der Weiterbildungswelt ist ein großes Umdenken angekommen. Gott sei Dank! Seminare, die nur Kosten verursachen und wenig nachhaltige Wirkung zeigen, gehören der Vergangenheit an. Personalentwickler, Trainer, Führungskräfte und Teilnehmer arbeiten gemeinsam daran, sich und ihr Team zu verbessern. Dabei geht es nicht nur darum, Seminare an sich wirksamer und praxisnäher zu designen, sondern auch darum, den kompletten Prozess zu überdenken.

Das 70:20:10-Modell

Kennen Sie das (falsche) 70:20:10-Modell? Demnach lernen erfolgreiche Manager 70 % während ihrer normalen beruflichen Tätigkeit, 20 % von anderen Menschen, und nur 10 % in Seminaren und durch Bücher und Artikel. Das Modell geht zurück auf den Forscher Morgan McCall vom »Center for Creative Leadership«. Es wurde erstmals 1996 im Buch »The Career Architect Development Planner« veröffentlicht und basiert auf qualitativen Interviews mit knapp 200 Managern.

Von manchen Trainern hört man, dass sich diese Theorie auf jegliches Lernen bezieht. Das ist aber von den Autoren niemals so gemeint gewesen, sondern hat sich lediglich auf Leadership-Skills bezogen und niemals auf andere Fähigkeiten, wie z. B. Verkaufs-Skills. Außerdem sind die konkreten Zahlen anzuzweifeln. Wie aus qualitativen Interviews so schöne gerade Zahlen entstehen, ist nicht erklärbar, spielt aber im Endeffekt keine Rolle. Das Modell gibt eine Idee, wie Führungskräfte lernen, ob es nun 70 oder 65 oder 80 % sind, ist wirklich egal. Und vermutlich lernen wir auch bei anderen Themen als Leadership sehr viel unbewusst, einfach im Arbeitsalltag. Vielleicht durch Gespräche mit Kollegen, und beim zufälligen Zusehen, wie Kollegen Aufgaben erledigen. Tatsache ist jedenfalls, dass wir permanent dazulernen.

Diesen Effekt sollten sich auch Unternehmen zum Vorteil machen. Wenn wir schon einen sehr hohen Prozentsatz dessen, was wir im betrieblichen Kontext lernen, on the Job mitbekommen, sollte genau dieser Prozess professionalisiert werden. Die Verantwortung, neues Wissen anzueignen, einfach an Trainer abzugeben, ist nicht mehr zeitgemäß. Sehr wohl aber gemeinsam mit der Unterstützung von Experten aus der Welt des betrieblichen Lernens, also Trainer, Trainingsdesigner oder Lern-Coaches.

In diesem Artikel möchten wir folgende Punkte besprechen und uns die Meinungen von vier Experteninnen auf dem Gebiet der Erwachsenenbildung anhören:

  • Warum sind 2-Tages-Seminare out?
  • Welche Dinge sollten Unternehmen/Trainer/Führungskräfte und Teilnehmer vor einem Seminar beachten, welche Maßnahmen schon vor dem Training gesetzt werden?
  • Welche während eines Seminars?
  • Welche nach einem Seminar?
  • Welche Alternativen zum klassischen Seminar gibt es?

Probleme von 2-Tages-Seminaren

In den goldenen Jahren der 80er- und 90er-Jahre, ja auch noch Anfang der 2000er bis zur Finanzkrise hat die Weiterbildung anders ausgesehen als heute. Größere Betriebe hatten einen Seminarkatalog, und die Mitarbeiter durften in Absprache mit der Führungskraft mehr oder weniger wahllos Seminare buchen. Diese, damals häufig noch 3-Tages-Seminare, begannen am ersten Tag um 9.00 Uhr und endeten am letzten Tag um 17.00 Uhr. Das war’s dann auch. Keine Vorbesprechung, keine Nachbesprechung, keine Transfermaßnahmen – geringe Wirkung und Nutzen für Teilnehmer oder Unternehmen. Doch was ist das Problem daran? Über viele Jahre wurde ja genau das nachgefragt und an geboten.

Anna Langheiter (Trainingsdesigner): »Die ›klassischen‹ 2-Tages-Seminare, bei denen die Teilnehmer tatsächlich nur die 2 Tage im Training sind und weder vorher noch nachher begleitet werden, haben aus meiner Erfahrung tatsächlich geringen Nutzen. Denn im Training können neue Inhalte geübt werden und die Teilnehmer können die Erfahrung mitnehmen, dass das neu Gelernte relevant und nützlich sein kann. Was damit im Alltag passiert, kann man nicht beeinflussen. Es braucht Raum, Zeit und eine wohlwollende Umgebung, damit es zur Umsetzung kommt.«

Andrea Tencl (Trainer bei VBC): »Wer nicht nur Wissen, sondern Verhalten ändern und neue Handlungskompetenzen erlangen will, wird durch die alleinige Absolvierung eines 2-tägigen Seminars nicht allzu viel erreichen. Selbst wenn am Ende des Tages die Teilnehmer hoch zufrieden das Training beenden, sich viel vornehmen, viele spannende Inhalte aufnehmen konnten, fleißig geübt wurde und die Feedbacks an die Trainer hervorragend waren. Denn erst durch regelmäßiges Anwenden und konsequentes Dranbleiben können neue Handlungskompetenzen entwickelt und neues, erwünschtes Verhalten etabliert werden. Hier helfen Trainingskonzepte, die vor, während und nach den Seminartagen den Transfer in die Praxis unterstützen.«

Michaela Kellner (Trainer und Geschäftsführer bei ANKH.AT) reflektiert viele weitere Punkte, die bei einem Seminar nachteilig sein können: »Das ›klassische‹ 2-Tages-Seminar gibt es de facto immer weniger. Folgende Faktoren sind oft hinderlich:

  • Das Seminar ist eine punktuelle Maßnahme – ohne Vor- und Nachbereitung.
  • Die Teilnehmer haben nach dem Seminar keinen genauen Plan, was genau und wie genau sie das Gelernte umsetzen werden.
  • Die Teilnehmer kommen nach 2 Tagen an ihren Arbeitsplatz zurück – und dürfen gleich viel abarbeiten. Dadurch haben sie keine Zeit und Muße, das Gelernte anzuwenden.
  • Die Erfahrung zeigt: Was nicht innerhalb von 72 Stunden begonnen wird, wird kaum umgesetzt (nur zwischen 1 – 3%).
  • Es gibt sehr selten ein Gespräch mit der Führungskraft, welche Inhalte nach dem Training umgesetzt werden (sollen) – und wie die Führungskraft hier unterstützen kann – dabei wäre das so besonders wichtig – denn aus der Gehirn- und Lernforschung wissen wir: ›Wer lehrt, der lernt.‹
  • Nach dem Training findet meist kein Austauschen mit den Seminar-Kollegen statt. Lernerfolge oder Misserfolge werden so nicht reflektiert oder gefestigt.
  • Es gibt keine Umsetzungs-Begleitung – durch wen auch immer.
  • Motivierte Mitarbeiter probieren das eine oder andere aus dem Seminar aus. Toll, wenn es gut geht. Bei Misserfolgen fehlen Ansprechpartner für Reflexion. Und dann lassen es viele bleiben und machen es so wie immer.«

Um herauszufinden, was Seminare sinnvoller und ergebnisorientierter macht, haben sich Lernexperten und Psychologen damit auseinander gesetzt, wie lernen wirklich funktioniert. Wer sich mit dem Thema Erwachsenenbildung beschäftigt, sollte davon etwas verstehen. Und sich laufend weiterbilden, denn auch die Hirnforschung bringt hier permanent neue Erkenntnisse heraus.

Sabine Prohaska (Eigentümer seminar consult prohaska): »Lernen vollzieht sich in Lernschleifen aus Vermittlung, Anwendung und Reflexion. Wir nehmen Information auf und verarbeiten sie in unserem Gehirn. Dadurch entsteht Wissen. Wenn wir dieses neue Wissen im (Arbeits-)Alltag ausprobieren, dann sehen wir, ob wir etwas können. Aber erst wenn dieses Können vertieft wird und wir automatisch richtig handeln, ohne groß darüber nachdenken zu müssen, was wir wie genau machen sollten, ist eine Kompetenz aus der anfänglichen Information geworden. Ein Einzelevent liefert immer nur einen Impuls oder bietet vielleicht Übungsmöglichkeiten an. Der Erwerb der eigentlichen Kompetenz, dass das gewünschte neue Denken oder Verhalten zur Routine wird, also automatisiert ist, erfolgt immer erst in der Praxis und in einem längeren Prozess.«

Maßnahmen vor dem Training

Grundsätzlich lassen sich Weiterbildungsmaßnahmen in eine Zeit vor dem Event, in das Event selbst und in eine Zeit danach unterteilen. Jede Phase hat unterschiedliche Ziele, die in ihr verfolgt werden sollten. In der Zeit vor der Maßnahme (Training, Online-Lernen etc.) gilt es vor allem einmal, das Bewusstsein für das Thema zu schärfen und Ziele für alle Teilnehmer zu definieren. Was sonst noch relevant für diese Zeit ist, erzählen die interviewten Expertinnen. Die Antworten sind leicht gekürzt, damit sich Aussagen nicht wiederholen.

Michaela Kellner: »Das Wichtigste ist sicher, dass die Teilnehmer verstehen, warum sie das Training besuchen (sollen) und was von ihnen erwartet wird. Unterstützend kann hier bereits die Einladung durch die Führungskraft sein. Idealerweise führt diese sogar ein Ziel-Gespräch vorab mit den Teilnehmern (ob schriftlich oder persönlich) und informiert sie über Anlass, Ziele und Inhalte des Trainings. Vom Trainer kann vorab schon ein Onboarding gemacht werden. Das können Maßnahmen sein wie ein Fragebogen, Vorstellung des Trainers, eine Einladung zur Vorstellung der Teilnehmer, ein Wissens-Quiz oder eine Wissensstand-Abfrage. Als Auftraggeber kann ich einen Fokus auf den Outcome haben und Trainer wählen, die hier einen Fokus haben oder die Gruppe beim Umsetzen unterstützen.«

Sabine Prohaska: »Oft sind es Kleinigkeiten, mit denen sich eine große Wirkung erzielen lässt. Neben der Einladung durch die Führungskraft, lohnt es sich auch noch genauer auf die Teilnehmer zu blicken: Wie sieht es mit ihrer Motivation aus? Ist ihnen klar, welchen Nutzen die Weiterbildung für sie hat? Glauben die Teilnehmer daran, dass sie die gelernten Fähigkeiten praktisch umsetzen können und haben sie die Bereitschaft und Fähigkeit, das Gelernte trotz eventueller Schwierigkeiten anzuwenden? Um die Bereitschaft bei den Teilnehmern vorab zu steigern, eignen sich motivierende Seminarankündigungen oder Statements von Kollegen, die von ihren Erfolgen nach dem bereits absolvierten Lernangebot berichten. Ähnlich den Referenzen auf Webseiten können diese Statements via Video, Audio oder Text den neuen Teilnehmern zur Verfügung gestellt werden. Auch Videostatements der Trainierenden kommen vorab gut an und machen Lust auf die Veranstaltung.«

Für das Unternehmen müssen folgende Fragen klar beantwortet werden können, und diese Antworten auch an die Teilnehmer kommuniziert werden:

  • Was sind die konkreten Lernziele?
  • Was sind die wichtigsten Lerninhalte, um diese Ziele zu erreichen?
  • Ist es realistisch, die geplanten Inhalte im vorgegebenen Zeitrahmen zu vermitteln und ausführlich genug zu üben?
  • Was sind die wichtigsten Themen?
  • Gibt es im Unternehmen bestehende Unterlagen? Sind diese aktuell?
  • Wie ist der zeitliche Ablauf? Dramaturgie!
  • Wo braucht es Raum für Wiederholung und Praxistransfer?
  • Für welche »Blöcke« bieten sich Online-Einheiten an, für welche Präsenz-Einheiten?

Andrea Tencl: »Schon vor dem Training soll den Teilnehmern ganz klar sein, was nach der Ausbildung anders sein soll und welches neue, wünschenswerte Verhalten erwartet wird und welchen Sinn diese Ausbildung hat. Hier nützen wir das Phänomen, dass Aussagen, die über eine
mögliche Zukunft getroff en werden, Einfluss auf das tatsächliche Eintreten haben – sogenannte selbsterfüllende Prophezeiungen. Wenn Teilnehmer positive Erwartungen an das Training haben, werden sie unbewusst oder bewusst mehr bemüht sein, damit diese auch eintreten. Geben Sie daher ein klares Bild der Ausbildung und des damit verbundenen Nutzens, da diese die Wahrnehmung und das Erfahren positiv beeinfl ussen. Es geht um Erwartungsklarheit!«

Anna Langheiter hat einen weiteren Tipp: »Zu meiner absoluten Lieblingsmethode zählt das ›Lernprojekt‹. Damit meine ich ein Thema, das die Teilnehmer tatsächlich beschäftigt und wo das Gelernte unmittelbar angewendet wird. Das kann in Train-the-Trainer-Ausbildungen ein Trainingsthema, beim Thema Moderationstechnik die Planung und Durchführung eines konkreten Meetings und beim Projektmanagement das anstehende Projekt sein. Da die Teilnehmer dann fortwährend das Gelernte mit dem eigenen Thema verbinden, wird der erste Transfer schon im Training geleistet. Als sehr hilfreich hat sich die Learner Journey erwiesen: Es handelt sich dabei um die grafi sche Darstellung, bei der allen Beteiligten die Detailschritte und der Zeitaufwand eines Lernprozesses vor, während und nach dem Training aufgezeigt werden. Wenn alle – und nicht nur die Lernenden selbst – wissen, was auf sie zukommt und das Vorhaben unterstützen, dann wird transferwirksam gearbeitet.«

Maßnahmen während des Trainings

Wenn Unternehmen, Trainer und Teilnehmer ihre »Hausaufgaben« erledigt haben, geht es in einem weiteren Schritt in das eigentliche Seminar. Teilnehmer treffen einander, um gemeinsam und auch voneinander zu lernen. Hier liegt der Fokus nun am tatsächlichen Wissenvermitteln und Üben. Eine Grundregel lautet: Weniger ist mehr. Je weniger Inhalt, umso mehr kann dieser geübt und gefestigt werden. Wenn sich Trainer zu viel vornehmen, wird der »Stoff « zwar durchgesprochen, aber nicht nachhaltig verankert. Außerdem gilt, wie schon oben kurz beschrieben: Je näher dran am Alltag, umso wahrscheinlicher, dass etwas hängen bleibt.

Andrea Tencl: »Wen wundert es, wenn Teilnehmer nach ein paar Minuten der Aufmerksamkeit abgleiten und unter den Tischen nach ihren Smartphones fischen, wenn das Vermittelte so gar nicht zu den Anforderungen des Arbeitsalltags passt? Die Frage ›Was hat das mit mir zu tun?‹ lässt sich durch Inhaltsrelevanz beantworten, die sich in den eingebrachten konkreten Fällen, Problemstellungen und speziellen Herausforderungen der Teilnehmer wiederfinden, die aktiv bearbeitet und geübt werden. Damit Transfer funktioniert ist es essenziell, bereits die ersten Schritte, die zur Umsetzung dieser Ziele beitragen, im Seminar mit einzuplanen.«

Anna Langheiter: »Für alle Teilnehmer ist es wichtig, permanent zu wissen, was das aktuelle Thema mit ihrem Alltag zu tun hat. Das konkrete »Why« darf nie aus den Augen verloren werden. Im Training ist es auch wichtig, laufend die ›Nuggets‹ einzusammeln. So bitte ich die Teilnehmer am Ende jeder 90-Minuten-Einheit, ein bis drei Ideen zu notieren, die sie ehestmöglich umsetzen wollen und ein bis drei Ideen, die sie zwar interessant finden und derzeit nicht umsetzen können. Über den Zeitraum eines Trainings sammeln sich dann viele Ideen und so gebe ich den Teilnehmern am Ende des Trainings noch ausreichend Zeit, einen Transferplan zu schreiben, der auch im Tagesgeschäft umsetzbar ist.«

Unser Gehirn verarbeitet jede Sekunde enorme Mengen von Daten. Das meiste wird sofort wieder vergessen. In das Kurzzeitgedächtnis gelangt nur, was das Gehirn mit bereits gespeichertem Vorwissen verknüpfen kann. An bestehende Informationen anzuknüpfen, erhöht also den Lernerfolg. Aber auch der Großteil dieser Informationen ist nach durchschnittlich 20 Minuten wieder vergessen. Was wir nach einer Stunde immer noch aus der Erinnerung wiedergeben können, ist ins Langzeitgedächtnis übertragen worden. Diesen Vorgang müssen Trainer gemeinsam mit Teilnehmern ganz bewusst steuern. Und hier sprechen wir nur einmal vom Wissen, noch nicht vom Können.

Sabine Prohaska: »Bei der Erstellung von Lerneinheiten sollte stets darauf geachtet werden, dass diese auch gehirngerecht sind. Unser Kurzzeitgedächtnis ist begrenzt. Daher gilt es, die Menge an Informationen (vor allem Daten und Fakten) zu reduzieren. Außerdem wissen wir aus zahlreichen gedächtnispsychologischen Studien, dass Menschen sich Informationen, die für sie eine Bedeutung haben, viel leichter merken. Also sollten Beispiele stets mit einem Bezug zur Zielgruppe und ihrer spezifischen Arbeitssituation gewählt werden. Aber auch die Taktung, also die Länge der Zeiträume zwischen den Modulen oder Aufgaben, ist ein wichtiger Erfolgsfaktor. Das gilt auch für die Überlegung, ob man alle Informationen und Aufgaben auf einmal zur Verfügung stellt oder ob man sie häppchenweise freischaltet. Bei der sequenziellen Bereitstellung von Lernmaterialien ist die Zeitdauer der Bearbeitung geschickt zu wählen. Es sollte nicht zu viel Zeit zwischen den einzelnen Infoblöcken liegen, um der Vergessenskurve gegenzusteuern. Die Sequenzen dürfen aber auch nicht zu rasch aufeinander folgen. Denn gerade im Arbeitskontext soll Lernen nicht zusätzlichen Stress erzeugen, sondern den Lernenden mittels Freude an der Sache echten Nutzen bringen.«

Michaela Kellner: »Schon beim Planen und Designen des Trainings ist es wichtig, rund 10 % der Trainingszeit für den Outcome einzurechnen: Was heißt das genau? Ein Trainingstag hat typischerweise vier 90-Minuten-Einheiten, das sind 360 Minuten. Für das ›Outcome-Package‹ planen wir ca. 40 Minuten. Das beinhaltet natürlich praxisrelevante Übungen mit Feedback und Reflexion. Unser Gehirn lernt durch Wiederholungen: Dies können wir mit Wissensquiz, Murmelgruppen oder Lernspielen sichern. In einem ›Lerntagebuch‹ halten die Teilnehmer ihre individuellen Ziele und Umsetzungsschritte fest. Ideal finden sich dort Impulsfragen – oder Satzanfänge.«

Maßnahmen nach dem Training

Nach einem Seminar beginnt die kritische Phase. Wenn hier nie wieder darüber gesprochen wird, war alle Liebesmühe umsonst. In dieser sogenannten Nachbearbeitungs-Phase ist es wichtig, regelmäßig die zuvor definierten Ziele ins Bewusstsein zu rufen und abzugleichen. Gespräche mit Führungskräften oder anderen Teilnehmern sind eine gute, kostengünstige Maßnahme. Aber auch Reflexionsphasen mit den Trainern in länger werdenden Abständen nach einem Training stellen eine hervorragende Möglichkeit dar, langfristig zu profitieren.

Michaela Kellner stellt zwei Bereiche vor, die aktiv den Outcome beeinflussen können, und gibt zahlreiche Beispiele:
»1. Trainer
Für einen höheren Outcome können folgende Maßnahmen des Trainers sorgen:

  • ein Lerntagebuch aus dem Training
  • Erinnerungen wie Wissensquiz, Online-Lernspiele, Links zu Lern-Audios oder -Videos
  • eine Postkarte oder einen Brief an mich selbst
  • Aufgaben, die die Teilnehmer machen müssen und Feedback dazu erhalten
  • Learning-Buddys oder eine Peer-Group, damit das Umsetzen und die gemachten Erfahrungen besprochen und reflektiert werden
  • eine (Online-)Reflexions- und Fragestunde mit dem Trainer
  • eine Schreibtischunterlage oder Transferkarte mit den wichtigsten Trainingsinhalten
  • ein kleines Give-away als Erinnerungsanker
  • Zeit geben, um das Gelernte anwenden und umsetzen zu können. Zum Beispiel hat ein Mitarbeiter ein PowerPoint-Training besucht. Danach braucht es Zeit, um die Präsentationen zu überarbeiten.

2. Führungskräfte

  • Zwei kurze Gespräche nach dem Training, in denen Ziele vereinbart werden
  • die drei wichtigsten Learnings im nächsten Jour fixe präsentieren
  • Zeit für das Umsetzen zur Verfügung stellen
  • Veränderungen wahrnehmen und dazu stärkendes Feedback geben
  • Learning Buddy anregen
  • Mentoring System bei größeren Ausbildungen einführen.«

Anna Langheiter: »Eine feine Variante ist ein Veränderungsbeobachter. Dabei wird im Training zuerst geklärt, welche Verhaltensweisen verändert werden oder neu angewendet werden sollen. Dann suchen sich die Teilnehmer jeweils eine Person aus, die häufig anwesend ist, wenn das neue Verhalten gezeigt werden soll. Und diese Person wird dann gebrieft und gibt laufend Feedback. Der Lern-Transfer-Circle ist das neueste ›Transferbaby‹, bei dem sich Teilnehmer gegenseitig unterstützen. Die Transfervorhaben werden am Ende des Trainings geklärt. Dann treffen sich Gruppen von 3 bis 5 Teilnehmern für genau eine Stunde in einem Zeitraum von 12 Wochen und unterstützen sich gegenseitig bei der Umsetzung.«

Die unmittelbare Zeit, die nächsten paar Tage nach einem Seminar, sind wichtig für das nachhaltige Verankern der Inhalte. Sabine Prohaska rät daher: »Nach einem Lernimpuls, wie einem Seminar, sollten Menschen idealerweise positive Erfahrungen machen. Sie brauchen diese positiven Erlebnisse, um auch nach dem Seminar mit Freude und Motivation am Thema dranzubleiben. Und das können wir aktiv steuern. Zum Beispiel mit Remindern im Alltag, die praktische Aufgaben enthalten. Diese Aufträge in der Praxis können wenige Minuten oder Stunden dauern, aber auch in Form eines längeren Praktikums erfolgen. Zusätzlich können Trainer den Teilnehmern Hinweise geben, wo sie etwas nachlesen oder auff rischen können (z. B. einen Link zu einem Video) – etwa wenn sie Umsetzungsschritte vergessen haben. Oder einen Test zur Selbsteinschätzung anbieten etc. Wichtig ist, die Teilnehmer nicht allein zu lassen. Sie sollten vom Trainer, vom Bildungsverantwortlichen oder der Führungskraft regelmäßig weitere Inspirationen, Infos und konstruktives Feedback erhalten.«

Andrea Tencl: »Damit Inhalte und die Motivation weiterhin hoch gehalten bleiben, hilft der an ein Seminar anschließende und über einen längeren Zeitraum wiederkehrende Austausch mit sogenannten Transfercoaches, die die Teilnehmer bei schwierigen Phasen der Umsetzung unterstützen und motivieren oder auch weitere Lösungen mit ihren ›Coachees‹ erarbeiten. Diese Rolle kann sowohl von Externen als auch von der Führungskraft übernommen werden.«

Alternativen zum klassischen Seminar

Zu Beginn des Artikels wurde kurz die Idee von verstärktem gegenseitigen Lernen angeregt, mit Begleitung durch Lernexperten. Diese Idee greift Sabine Prohaska auch bei den Alternativen auf – und denkt noch weiter: »In der heutigen Zeit, in der sich vieles rasch verändert, muss Lernen als kontinuierlicher Prozess verstanden werden, der völlig neue Ideen und Denkweisen hervorbringt. Und dieser Prozess sollte weit und breit gedacht werden. Denn es gibt inzwischen viele Wege, wie wir innerhalb und außerhalb einer Organisation lernen: durch das Ansehen von Videos oder den Austausch in Online-Netzwerken und Communities, zunehmend auch mittels Virtual Reality. Eine Untersuchung von Jane Hart (2020) zeigt, dass Menschen wesentlich mehr aus dem Selbststudium als aus formalen Kursen lernen: 39 % durch Internetsuche, Videos, Podcasts oder Blogs und nur 12 % aus formalen Kursen (E-Learning, Präsenzseminare). Für weitere Lernformen ergaben sich folgende Werte: 29 % durch Anwenden (direkt bei der Arbeit, durch Mentoren oder Coaches) und 20 % aus Diskussionen mit anderen (sozialer Austausch, Netzwerken, Konferenzen, Events). Der Lernprozess muss also weitaus vielschichtiger werden als bisher und idealerweise als Kombination aus verschiedensten Bausteinen des Lernens zusammengestellt sein.«

Anna Langheiter: »Seit digitales Lernen und Blended Learning Einzug in die Trainingswelt gehalten haben, gibt es viele Möglichkeiten, Training neu zu gestalten. Wenn ich davon ausgehe, dass die Inhalte des 2-Tages-Seminars geschult werden sollen, können diese auch durch Lernvideos, WBTs (Web Based Trainings) und Lernaufgaben ersetzt oder mit einer Präsenzveranstaltung ergänzt werden. Ebenso können Live-Online-Trainings statt des Präsenztrainings in regelmäßigen Abständen (z. B. jeden Montag Vormittag) durchgeführt werden, sodass die Inhalte verteilt geschult und mit Transferaufgaben begleitet werden können.«

Fazit – Lernwirksamkeit erhöhen

Um über sinnvolles Weiterbildungsdesign zu schreiben, braucht man viel Platz. Das Thema ist komplex. Dieser Artikel soll eine grobe Idee darüber geben, wie wichtig dieses Thema ist, und gleichzeitig ein paar leicht umsetzbare Impulse liefern. Bedenken Sie bei der Planung die drei Phasen (Vorbereitung auf ein Seminar, Durchführung, Nachbearbeitung) und lassen Sie die Teilnehmer nicht mit sich alleine. Involvieren Sie Führungskräfte in sämtliche Weiterbildungsaktivitäten. Dann sind Sätze wie »Das Seminar hat nichts gebracht!« Geschichte und es heißt in Zukunft: »Dieses Seminar war toll, ich habe nachhaltig etwas gelernt, wann darf ich mich wieder weiterbilden?«

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