Seit dem Inspiration Day im September 2020 mache ich eine Lernreise nach der anderen. Denn dort habe ich lernOS kennengelernt, eine Methode mit der man selbstgesteuert lernen kann. Wer meinen ersten Beitrag dazu nachlesen möchte, bitte hier klicken. Diesmal hatte ich mich zum sechsten Mal zu einem 13-wöchigen Lernzyklus verabredet und mit der Frage beschäftigt: Wie lerne ich?

lernOS Erfahrungen

Was bedeutet selbstgesteuertes Lernen und warum lernOS?

Selbstgesteuertes Lernen bedeutet, dass Lernende als aktiv Handelnde ihre Lernaktivitäten – ob, was, wann, wie und woraufhin gelernt wird – selbst bestimmen und überwachen. Keine außenstehende Person gibt einem etwas vor oder ist für den eigenen Wissenserwerb verantwortlich – nur wir selbst.

lernOS ist ein offenes System für lebenslanges Lernen und lernende Organisationen. Die Grundidee ist, dass wir alle offen und bereit sein müssen, diese ungewisse und nicht vorhersehbaren Zukunft gemeinsam zu gestalten. Die Motivation für die persönliche Entwicklung sollte sowohl das eigene Wohlergehen als auch das Wohl der Freunde und Familie, der Communities und Gesellschaft sein. Denn es braucht Wissen, Fähigkeiten, Denkweisen, Einstellungen, Methoden und Werkzeuge, um gemeinsam eine bessere Zukunft zu gestalten.

Wie funktioniert lernOS?

Der lernOS-Flow basiert auf einem 13-wöchigen Zyklus. Er beginnt mit der Woche 0 für Planung und Zielfindung und endet in der Woche 12 mit einer Retrospektive. Und ich habe mir diesmal wieder den Zyklus „Zielorientierung und Fokussierung“ auf Basis von Objectives & Key Results ausgewählt.

Die zwei anderen LernOS-Sprints sind „Produktivität & Stressfreiheit“ auf Basis von Getting Things Done und „Offenheit & Vernetzung“ auf Basis von Working Out Loud. Diese sind im oben verlinkten Beitrag näher beschrieben.

Wie lerne ich?

Der Beginn eines LernOS-Zyklus ist es, ein visionäres, anspruchsvolles Ziel zu setzen, das durch messbare Schlüsselergebnisse oder Key Results näher bestimmt wird. Wieder hat sich für mich gezeigt, dass es sinnvoll ist, dass man bis zum vierten Treffen Zeit hat, das Ziel zu finalisieren. Denn so hatte ich genug Zeit, das Ziel und die Schlüsselergebnisse besser zu bestimmen.

Mein Ziel in diesem Zyklus war es, herauszufinden, wie ich lerne! Und wie ich bei meinen Themen up-to-date bleibe und einen guten Überblick bewahre.

Denn zuerst wollte ich – als Lean Six Sigma-Anwenderin – eine kompletten Lern-SIPOC aufstellen. Die ersten Entwürfe lagen am Tisch: Was ist der Lernprozess, aber auch wer sind die Lieferanten und welchen „Input“ liefern diese? Und dann auch: Was ist der Output und für welche Kunden wird das generiert? In den ersten Wochen war ich noch euphorisch und durfte dann erkennen:  Tja, das Objective war zu viel, zu groß und im Frühjahr dieses Jahres einfach nicht machbar.

Und ich erkannte, dass es für mich zwei Prozesse gibt:

  • Beim ersten Prozess geht es generell darum, wie ich mit Information umgehe, die ich spannend, interessant oder wichtig finde. Das ist mehr ein Screening-Prozess für beruflich interessante Themen.
  • Der zweite Prozess kommt dann zum Zug, wenn ich ganz konkret und sehr tief in ein Thema einsteige.

Diese Schärfung half mir schon sehr, denn den zweiten Prozess beherrsche ich sehr gut. Ich bin Trainingsdesignerin und erarbeite, strukturiere und reduziere Inhalte für mich und meine Kundinnen und Kunden.

Somit war klar: Es geht darum, wie ich mit der Vielfalt an beruflicher Information umgehe. Die kommt über LinkedIn und X (vormals Twitter), über Newsletter und Zeitschriften.

Mein Screening-Prozess

Dieser Screening-Prozess findet laufend statt, wenn ich durch Medien aller Art scrolle. Ich frage mich:

  1. Ist das Thema wichtig: Jetzt? Später? Nie?
  2. Habe ich Kapazität: Jetzt? Später? Und kann/darf ich es vertagen?
  3. Will ich es wissen: Jetzt? Später? Nie?
  4. Muss ich es wissen: Jetzt? Später? Nie?

Und hier sind auch sehr aktuelle Beispiele, die mich derzeit beschäftigen und was für zeitliche Komponenten das Ganze beruflich und privat hat.

Beruflich hat mich das Thema KI und die Auswirkung auf meinen Beruf doch sehr kalt erwischt. Da ich aber im März 2020 sehr schnell auf die neuen Technologien eingestiegen bin und mich das viel Energie gekostet hat, habe ich im Januar 2023 entschieden, es diesmal etwas langsamer angehen zu lassen.

So sah das Thema „KI im Training“ im Januar 2023 aus:

  1. Ist das Thema wichtig: Später!
  2. Habe ich Kapazität: Später!
  3. Will ich es wissen: Später!
  4. Muss ich es wissen: Ja!

Und so hat es sich über das Jahr verändert (Stand November 2023):

  1. Ist das Thema wichtig: Jetzt!
  2. Habe ich Kapazität: Später… und will es nicht mehr vertagen. Also doch jetzt!
  3. Will ich es wissen: Ja!
  4. Muss ich es wissen: Ja!

Privat mache ich gerade die Ausbildung zur Bergwanderführerin. Und auch hier findet dieser Screening-Prozess statt. Dafür habe ich ein Skriptum und fange an, mich in die Themengebiete einzuarbeiten. Da hier noch eine Prüfung im Raum steht und meine Kapazität beschränkt ist, sieht das dann so aus:

  1. Ist das Thema wichtig: Jetzt!
  2. Habe ich Kapazität: Irgendetwas zwischen Jetzt! und Später! Denn manches will ich jetzt lernen, damit ich es beim Wandern üben kann. Anderes kann ich beruhigt ins Frühjahr verlegen. (Und manches will ich nicht wirklich wissen, siehe 3.)
  3. Will ich es wissen: Jetzt? Später? Nie? Jetzt spaltet sich mein Lernhirn in „ich will jetzt viel über Orientierung und Karten lesen wissen“ und „ich werde später etwas über Berufskunde und Naturkunde lernen“. Wenn es um die Geologie geht, wäre mir am liebsten, ich müsste es nie lernen. Oder hat mich das Geologie-Virus nur noch nicht richtig gepackt?
  4. Muss ich es wissen: Später! Also spätestens im Mai bei der Prüfung.

4 Dinge habe ich über mich und das Lernen gelernt

  1. Ich brauche ein klares Wozu!

Sei es beruflich oder privat, ich habe die Brille der Aufmerksamkeitsfokussierung auf. Was mich interessiert, wird gescannt und nach dem Schema oben sortiert. Das beste Tool, das mich derzeit dabei unterstützt, heißt Notion. Dort kann ich Ideen, Links und Texte hinterlegen und finde sie wieder, wenn Später! zu Jetzt! wird.

  1. Ich erkenne meine hilfreiche Filterfunktion an!

Früher dachte ich, dass alles immer sofort gelesen, sortiert und gelernt werden muss. Jetzt kann ich anerkennen, dass es ausreichen kann, vor allem beruflich den Markt im Auge zu haben und zu wissen, wie ich schnell an Information komme. Und dieser Filter hilft mir, meinen Energielevel auf gutem Niveau zu halten.

  1. Ich kann sehr schnell tief eintauchen!

Aus Projekten mit Kund:innen weiß ich, dass ich sehr schnell sehr tief in Themen eintauchen, diese strukturieren und reduzieren kann. Mir das auch für meine eigenes Lernen bewusst zu machen, war eine hilfreiche Erkenntnis. Was ich dazu brauche, ist Kapazität und die wird bei Projekten jetzt auch in den Kalender eingetragen.

  1. Mein Hirn benötigt Leer-Lauf-Zeit

Sehr gerne gehe ich wandern. Und nein, nur an den allerersten Tagen meines Urlaubs ist mein Hirn noch mit Trainingsthemen beschäftigt. Dann wird es leer, freut sich an Bergen und Blumen, Tieren und Farben, am Wetter und am Geruch. Erst kurz vor dem ersten Arbeitstag schaltet es sich wieder ein und sprudelt so viele Ideen, dass ich sie flugs als Sprachnachricht aufnehme. Und bin dann ganz überrascht, wo diese coolen Ideen hergekommen sind.

Fazit

Rückblickend war es wohl dieser lernOS-Zyklus, bei dem ich – im Verhältnis zu anderen Lernpfaden – relativ wenig am Thema selbst gearbeitet habe und dennoch wichtige Erkenntnisse für mich gewinnen konnte. lernOS ist nach wie vor „einfach nur g‘scheit“, denn ich wäre mit dem Thema heute nicht so weit und würde mich weiterhin unter Lerndruck setzen, wenn ich nicht diesem Lernpfad gefolgt wäre und von meiner wunderbaren Gruppe begleitet worden wäre.

 

Quellenverzeichnis:

LernOS: lernOS für Dich Leitfaden, Lernen und Arbeiten im 21. Jahrhundert, Simon Dückert / Version 2.0 (23.06.2021)

Objectives & Key results, s.a. OKR bei Google

 

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