Wenn ich mit meinen Kundinnen und Kunden eine Trainingsbedarfsanalyse durchführe, frage ich – so bald wie möglich – nach den Businesszielen. Das sind die Ziele bzw. ist die Veränderung, die mit dem Training erreicht werden soll.
[Tipp] Manchen Auftraggeber:innen fällt dies schwer und sie wissen gar nicht, wie sie das Businessziel definieren sollen. Da hilft die Hans-und-Franz-Methode! „Angenommen, der Hans geht ins Training und der Franz nicht. Was macht der Hans nach dem Training konkret anders? In der Früh, am Vormittag, zu Mittag, am Nachmittag und abends? Was macht er täglich, wöchentlich, monatlich anders? (Und ja klar, hier muss man die Zeitangabe an die Aufgabe anpassen).
Jetzt ist die Aufgabe der Trainingsdesigner:innen möglichst schnell alles – und am besten wortwörtlich – mitzuschreiben, was da als Antwort kommt. Denn aus diesen Angaben kann man gemeinsam mit dem bzw. der Auftraggeber:in die Businessziele spezifizieren.
Warum sind die Businessziele wichtig?
Training ist kein Selbstzweck, sondern soll eine Verhaltensänderung bewirken. Nur wenn ich nach dem Motto „Have the end in mind“ klar definiere, wo die Reise hingeht, kann ich auch messen, ob das Training erfolgreich war. Somit ist die Verhaltensänderung nach dem Training ein Maßstab für den Erfolg des Trainings.
[Tipp] Das üblicherweise ausgeteilte „Happy Sheet“, also ein Feedbackbogen, der am Ende des Trainings ausgefüllt wird, gibt keine oder nur sehr wenig Anhaltspunkte, ob es zu einer Verhaltensänderung kommt.
Welche Möglichkeiten gibt es, die Verhaltensänderung nach dem Training sicherzustellen?
Gutes Training ist so designt, dass der Trainingstransfer vor, während und nach dem Training mitgeplant wird.
Vor dem Training werden die Teilnehmenden über das Training informiert. Wer das nur mit einem simplen E-Mail durchführt, wird merken, dass die meisten Teilnehmenden diese Information nicht oder nur sehr oberflächlich durchlesen.
- [Tipp] Damit Teilnehmende wirklich wissen, was in einem Training von ihnen erwartet wird, führe ich gerne ein kurzes Live Online Training durch, in denen ich die Learner Journey präsentiere. Das ist eine grafische Darstellung, bei der allen Beteiligten, die Detailschritte und der Zeitaufwand eines Lernprozesses vor, während und nach dem Training aufgezeigt werden.
- Das Live Online Training eignet sich dann auch noch dafür, den Teilnehmenden kurze Vorbereitungsaufgaben (z.B. Arbeitssituationen, schwierige Gesprächssituationen etc.) mitzugeben.
Während des Trainings wird die Verhaltensänderung vorbereitet. Die Teilnehmenden sollen im Training so viel wie möglich üben! Denn wenn sie den Schluss ziehen, dass die Inhalte auch für sie anwendbar sind, werden sie das Gelernte auch im Alltag anwenden.
- [Tipp] Ich bevorzuge die Anwendung an sogenannten Lernprojekten: In der Trainingsdesign Weiterbildung wird das eigene Trainingsprojekt designt, in der Trainerausbildung stehen die Teilnehmenden selbst 2-3 Mal vor der Gruppen, ist das Thema Moderationstechnik führen sie ein Methode durch.
- Auch das meist ungeliebte Rollenspiel ist eine wunderbare Methode, den Echtfall zu üben. Meine Erfahrung hat gezeigt, dass es wunderbar authentisch ist!
- Je nachdem, wie gut die Trainer:innen trainieren können, kann man statt des Lernprojektes auch auf eine gut geplante Simulation zurückgreifen: Da sind die Ergebnisse vorhersehbar und für unerfahrene Kolleginnen und Kollegen deshalb leichter durchführbar.
Nach dem Training braucht es ganz viel Begleitung und Unterstützung für die Teilnehmenden. Denn nur wenn hier Zeit und Raum gegeben wird, wird eine Verhaltensänderung stattfinden. Und hier stellt sich auch die Frage: Welche Rolle tragen dabei die Lernenden selbst, die Trainer:in, aber auch das Unternehmen?
Die Lernenden sollten umsetzen: Sind sie motiviert, haben sie verstanden, dass es zum Businessziel beiträgt und haben sie das Gefühl, dass sie die neuen Inhalte beherrschen, werden sie dies wahrscheinlich auch tun.
Die Trainer:in kann bis zu einem gewissen Grad die Verhaltensänderung begleiten. Unsere Begleitung wird nur für eine gewissen Zeit möglich sein, dann ist das Unternehmen dran.
- [Tipp] Zu den Methoden zählen hier Coaching, Shadowing oder auch Live-Online-Trainings, die für eine gewisse Zeit bei der Anwendung helfen.
- Die Sprechstunde oder Coaching Clinic (wie sie ein Kunde von mir genannt hat) ist eine wunderbare Methode: Der Termin ist fixiert, die Trainer:in online und die Teilnehmenden stellen die Fragen, die sich in der Anwendung ergeben. Und auch wenn es immer wieder den Wunsch gibt, dass die Trainer:in Inhalte vermittelt – das ist nicht das Ziel der Sprechstunde. Man sollte, wenn überhaupt, nur eine Wiederholung des Gelernten aus dem Training anbieten. Allein daraus können sich wunderbare Fragen ergeben.
Die Unternehmen schätzen ihre Rolle im Trainingstransfer oft völlig falsch ein. Mehr als 100 Jahre Transferforschung haben ergeben, dass die Führungskräfte eine bedeutende Rolle einnehmen. Und sich dieser Rolle oft gar nicht bewusst sind.
- [Tipp] Werfen Sie einen Blick auf die Führungskräfte-Ausbildungen in ihrem Unternehmen: Wie viel Zeit wird der Rolle der Führungskraft im Trainingstransfer eingeräumt?
Die Führungskraft ist wichtig in der Begleitung und sie ist auch dafür zuständig, dass die Mitarbeitenden ein Lernprojekt bzw. eine Anwendungsmöglichkeit und auch die notwendige Kapazität bekommt, das Gelernte anzuwenden.
- [Tipp] Sollte die Führungskraft keine Kapazität haben, ist der „Veränderungsbeobachter“ eine wunderbare Methode. Dabei suchen sich alle Teilnehmenden eine Person im privaten oder beruflichen Bereich, die die Veränderung laufend beobachten und Feedback geben kann.
- Mein liebstes privates Beispiel: Ich wollte mir das Wort „müssen“ abgewöhnen. Meine Veränderungsbeobachter waren meine Kinder, denen ich einen Euro ausgelobt habe für jedes „Müssen“, das meinem Mund entschlüpft ist. Sie waren gnadenlos und unverhandelbar. Und ich verwende das Wort nur noch sehr selten!
Das Unternehmen hat auch noch eine Rolle in Trainingstransfer: Je transparenter dargestellt wird, wo die Reise mit den gewünschten Verhaltensänderungen hingeht, desto eher wird das Businessziel auch erreicht werden.
Wie lässt sich Verhaltensänderung nach dem Training messen?
Wie oben erwähnt: Wenn die Teilnehmenden mit dem Training glücklich sind, ist das zwar messbar, sagt aber nichts über die Verhaltensänderung nach dem Training aus. Hat das Unternehmen klare Businessziele definiert, kann man diese auch über Zeit messen. In einem Call Center wird man sehr schnell wissen, ob die gewünschte Änderung eingetreten ist, bei einer Projektmanagementausbildung wird man sich ein bisschen gedulden müssen.
Wichtig ist es, die richtigen Messkriterien zu finden, die quantitativ (z. B. Reduktion des Ausschusses in der Produktion) und/oder qualitativ (z. B. Verbesserung der Kommunikation) sein können.
Das Messen der Veränderung ist mit Aufwand verbunden. Daher sollte sich ein Unternehmen bewusst machen, wie aufwändig welche Trainings evaluiert werden. Und möglicherweise kann uns hier bald auch die KI helfen?!
- [Tipp] Die Wirksamkeit von Trainingsmaßnahmen kann man mit Prozessmessungen (Zeiten, Fehlerraten …), Feedback-Erhebungen, Beobachtungen am Arbeitsplatz und auch 360-Grad-Feedbacks durchführen.
Fazit: Verhaltensänderung nach dem Training
Wer Verhaltensänderung anstrebt, sollte die Stellhebel der Transferwirksamkeit kennen und immer nach dem Prinzip „Have the end in mind“ vorgehen. Denn wer Training vom Ziel her denkt, wird erfolgreich Veränderung bewirken.
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