Skills für das Trainingsdesign: Was es wirklich braucht
„Du hast das Glück, dass du kreativ und strukturiert sein kannst“, sagt eine Kollegin und gute Freundin. Und merkt dazu an, dass nicht viele Trainer:innen und Trainingsdesigner:innen zwischen diesen beiden Fähigkeiten Kreativität und Struktur mit Leichtigkeit hin- und herspringen können. Der Kommentar fasziniert mich und gleichzeitig überlege ich schon seit längerem: Welche Skills benötigt eine Trainingsdesigner:in, um Trainings gestalten zu können, die auch nachhaltig die gewünschte Veränderung bringen? Es geht daher heute um die Skills für das Trainingsdesign.
Trainingsdesign.Modell
Mein Trainingsdesign.Modell besteht aus vier Prozessen, die alle wichtig sind, um gute Trainings zu erstellen. Jeder dieser Prozessschritte erfordert spezifische Fähigkeiten, die sicherstellen, dass das Training nicht nur inhaltlich wertvoll und interessant gestaltet, sondern auch im Alltag relevant und messbar ist.
Im Designprozess wird die Trainingsbedarfsanalyse erstellt, die ja die Grundlage für jegliches Training ist. Auf dieser Basis werden die Inhalte zusammengestellt und dann didaktisch reduziert. Im Trainingsprozess werden die Inhalte in Lerneinheiten umgewandelt und in Trainerhandbüchern festgehalten. Der Fokus im Transferprozess liegt darauf, dass die Teilnehmenden das Gelernte im Alltag anwenden, damit mit Hilfe des Evaluierungsprozesses geprüft werden kann, ob das Training das gewünschte Ziel erreicht hat.
Im Folgenden gehe ich auf die einzelnen Prozesse ein und beschreibe, welche Skills es jeweils besonders benötigt, garniert mit der einen oder anderen Geschichte. Und beim Zusammenstellen und Durcharbeiten bin ich auf Skills gestoßen, die man generell benötigt: auf die kann man sich am Ende freuen!
Skills im Designprozess [1]
In der Trainingsbedarfsanalyse geht es darum, die Grundlage für das Training zu legen. Und je größer das Vorhaben ist, desto länger dauert diese und desto genauer muss man arbeiten. Klar gehören hier Fragetechniken zum Handwerkszeug, aber auch eine gute Struktur (wie zum Beispiel mein Trainingsbedarfsanalyse-Canvas), damit alle Elemente bedacht werden. Und wie sagte ein Teilnehmer zu dem Thema: „Sehr cool, damit kann ich meine Auftraggeber coachen!“
Und genau das ist es für mich: ein Coaching der Auftraggeber:innen, damit schon von Beginn an klar ist, ob Training wirklich die Lösung ist oder auch etwas ganz simples wie eine Kurzanleitung.
Inhalte erstellen besteht aus 3 Schritten: Inhalte zusammenstellen, Grobplan erstellen und didaktisch klug reduzieren. Wer beim Zusammenstellen der Inhalte mit Fachexperten zusammenarbeitet, braucht Fragetechniken. Bei mir hat sich über die Jahre herausgestellt, dass Kenntnisse in Prozessmanagement ebenfalls sehr wichtig sind.
s’Gschichtl: Bei einem Projekt hatte ich 3 Mitarbeitende aus Sales und den Salestrainer im Meeting und alle vier waren sich uneins, wie der Prozess ablaufen soll. Ich kann aber ein Training erst dann sinnvoll entwickeln, wenn der Ablauf klar ist. An dieser Stelle gilt: Zuerst den Prozess fixieren, dann Training aufsetzen.
s’Gschichtl: Und manchmal geht es darum, das inhaltliche Wissen abzugleichen und die Fachexperten zu einem gemeinsamen Inhalt zu bringen. Wir hatten sechs Fachexperten im Raum und alle hatten bei unterschiedlichen Unternehmen Six Sigma (eine Qualitäts-Projektmanagement-Methode) gelernt. Die Aufgabe war jetzt, sie mit Moderationsmethoden dazu zu bringen, sich auf gemeinsame Inhalte und eine gemeinsame Vorgehensweise zu einigen.
Auf Basis der Inhalte erstelle ich einen Grobplan. Mithilfe von sogenannten Modulkarten entsteht ein erster Entwurf des Trainings, die Inhalte werden auf einzelnen Trainingsmodule verteilt und in einen zeitlich logischen Ablauf gebracht. Was mir sehr leicht fällt, mag nicht jedem liegen, denn es braucht Struktur und die Fähigkeit der Priorisierung. Denn jetzt geht es darum, zu entscheiden, welche Inhalte am wichtigsten sind und wie sie logisch strukturiert werden sollen.
s’Gschichtl: An dieser Stelle ist meine Arbeit mit den Modulkarten, die am Flipchart kleben, besonders hilfreich. Ganz nach dem Motto eines Consultingkollegen kann man sich die Struktur ansehen, sich reindenken und „mal schauen, wie es sich anfühlt“. Und wenn es unlogisch ist, so oft umhängen, bis es ganz einfach passt.
Jetzt folgt der schwierigste Schritt, bei dem wir das Lernwürdige vom Lernmöglichen trennen: die didaktische Reduktion. Die oberste Fähigkeit heißt Loslassen können und ich meine damit das Loslassen von geliebten Modellen, von historischen Unternehmensbetrachtungen und von Inhalten, die zur Erreichung des Trainingsziels nicht benötigt werden.
s’Gschichtl: Eine Fachexpertin aus der Rechtsabteilung wollte unbedingt ein Thema unterbringen. Mir schien das zu tiefgehend in Bezug auf das Trainingsziel. Auf meine Frage, warum es so wichtig sei, kam als Antwort: Weil der Schaden groß wäre! Auf meine Frage, wie oft es schon vorgekommen sei, antwortete sie: einmal in 10 Jahren. Hier stellt sich für Trainingsdesigner:innen die Frage: Ist das wichtig genug für eine Schulung für ganz neue Mitarbeitende? Meine Antwort war: nein.
s’Gschichtl: Auch mir geht es bei den Themen, bei denen ich Fachexpertin bin, nicht besser! Während der Lockdowns wollte ich meine 6-tägige Trainingsdesign Weiterbildung als 3-tägiges Onlinetraining anbieten: Ich bin kläglich gescheitert und habe tatsächlich einen Telefonjoker angerufen!
Skills im Trainingsprozess [2]
Wenn ich den Trainingsprozess designe, starte ich jeweils mit den Inhalten pro Modul (eine Trainingseinheit von ca. 90 Minuten). Das Design startet mit der Frage: Welche Erfahrung bzw. Übung sollen die Teilnehmenden hier im Training machen, die relevant für den Alltag ist? Und erst wenn das festgelegt ist, kann man überlegen, welche (wenigen!) Inhalte die Teilnehmenden benötigen, um diese Übung durchführen zu können.
Jetzt braucht es ganz klar didaktisch-methodische Kompetenz: Vom Entwickeln eines Designs, das die Lernziele unterstützt bis hin zur Auswahl der richtigen Lernmethode, die an die Zielgruppe und die Lernumgebung angepasst ist. In Zeiten wie diesen sind Skills notwendig, die bei der Entscheidung helfen, ob Präsenz-, Blended oder digitale Trainings das Problem am besten lösen.
Für die Erstellung der Unterlagen ist es nützlich, wenn man Kenntnisse in PowerPoint und den Formatvorlagen hat, klare und verständliche Trainerhandbücher erstellen kann, die auf die Trainer:innen zugeschnitten sind, und Grundkenntnisse in Grafikdesign bzw. im Gestalten von visuell ansprechenden Unterlagen hat.
Skills im Transferprozess [3]
„Ohne Transfer ist alles nix!“, sage ich immer. Daher muss das Augenmerk auf alle Transfermöglichkeiten vor, während und nach dem Training gerichtet werden. Doch welche Skills braucht es? Methodenkompetenz und das Gespür, was zum jeweiligen Thema und Unternehmen am besten passt.
Und dann hilft die Mischung aus Mut und Klarheit: so kann man dem Kunden aufzeigen, dass sich nur dann etwas ändern wird, wenn die Teilnehmenden nach dem Training gut begleitet werden. Und da Trainer:innen nur beschränkt begleiten können und sollen, muss an dieser Stelle das Unternehmen die Transferbegleitung übernehmen. Aus Erfahrung tun sie sich schwer damit, denn die Führungskräfte, die diese Aufgabe übernehmen sollten, sind meist völlig überlastet. Und da spreche ich nicht davon, dass man ja auch die Führungskräfte schulen sollte, damit sie der Rolle des Transferunterstützers bestmöglich gerecht werden können.
Skills im Evaluierungsprozess [4]
Hat das Training das gewünschte Ergebnis gebracht? Nur wenn in der Trainingsbedarfsanalyse ein messbares Ziel vereinbart wurde, kann man auch messen, ob sich die Investition in Training gelohnt hat. Und es braucht Evaluierungs-Know-how (sei es Kirkpatrick, Thalheimer oder Phillips), Kenntnis zur Erstellung der Fragebögen (für die ich jetzt gerne die KI nutze), und Statistik- bzw. Datenanalysekenntnisse.
Und das alles ist unwichtig, wenn man die Daten dann nicht auch verwendet, um Verbesserungen bei den Inhalten des Trainings und/oder den Fähigkeiten der Trainer:innen durchzuführen. Evaluieren beginnt bei der Festsetzung des Zieles in der Trainingsbedarfsanalyse und ist am besten in einem Plan-Do-Check-Act-Zyklus, also einem kontinuierlichem Verbesserungsprozess aufgehoben.
Skills für den Gesamtprozess
Für mich ist Trainingsdesign zu 80 % strukturiertes und (hoch)konzentriertes Arbeiten und zu 20 % ein kreativer Prozess. Und nebst Struktur und Kreativität, benötigt es für die Lenkung des Gesamtprozesses noch weitere Skills, die ich im Laufe meines Berufslebens lernen durfte, noch bevor ich offiziell zur Trainingsdesignerin wurde.
- Projektmanagement hilft vor allem bei großen Projekten, die entweder viele Mitarbeitende betreffen und/oder einen weltweiten Roll-out betreffen.
- Moderationstechnik wird bei allen Abstimmungsprozessen benötigt, von der Klärung der Inhalte bis hin zur Kommunikation mit den Stakeholdern während des ganzen Projektes.
- Wer dann im Notfall noch Mediationskompetenz hat, ist auf der ganz sicheren Seite.
- Und – auch aus eigener leidiger Erfahrung – ergänze ich noch um Change Management. Nichts ist schlimmer, als wenn man glaubt, man hätte durchgängig kommuniziert und alle Stakeholder im Boot. Und später kommt heraus, dass man sich nicht abgeholt fühlte und deshalb das boykottiert. Darunter leide ich heute noch ein bisschen, denn es war eines der besten Trainings, die ich je designt habe.
Skills für das Trainingsdesign: Fazit & Frage
Das Trainingsdesign.Modell bietet eine strukturierte Herangehensweise, um effektive Trainings zu entwickeln, durchzuführen und zu evaluieren. Die genannten Fähigkeiten sind essenziell, um jedes Stadium des Modells erfolgreich zu gestalten und so Trainingsprogramme zu schaffen, die messbare und nachhaltige Ergebnisse liefern. Welche Skills bringst du ein und welche Fähigkeiten habe ich deiner Ansicht nach vergessen?
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