[Dieser Artikel erschien erstmals im Magazin TRAiNiNG und darf nach freundlicher Genehmigung auch hier veröffentlicht werden.]

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Online und Präsenz vereint – Von interaktiven Live-Seminaren bis hin zu umfassenden digitalen Lernstrecken – Unternehmen nutzen innovative Ansätze, um ihre Weiterbildungsmaßnahmen zu modernisieren und an die Anforderungen des virtuellen Lernens anzupassen.

Distance Learning gewinnt weiterhin an Bedeutung. Die COVID-19-Pandemie hat diesen Trend beschleunigt und viele Unternehmen dazu gezwungen, ihre Weiterbildungsstrategien zu überdenken. TRAiNiNG hat mit Anna Langheiter gesprochen, um Einblicke in die Welt des virtuellen Lernens zu gewinnen und zu erfahren, wie Unternehmen und Trainer das Potenzial des Distance Learning voll ausschöpfen können.

Engagement in Live-Online-Seminaren

Eine der größten Herausforderungen bei Online-Trainings liegt darin, die Teilnehmenden kontinuierlich zu motivieren und ihr Engagement aufrechtzuerhalten. Anna Langheiter betont in diesem Zusammenhang die Wichtigkeit regelmäßiger Interaktionen: »Bei Live-Online-Trainings sind die Trainer:innen noch mehr gefordert, das Training interaktiv zu gestalten. Gilt im Seminarraum noch, dass alle 10 Minuten eine Interaktion mit den Teilnehmenden erfolgen soll, so ist diese Regel im Onlineraum mit 5 Minuten noch bedeutend anspruchsvoller. Diese 5-Minuten-Regel bedeutet nicht, dass man nur 5 Minuten Information präsentieren kann, sondern dass man dann mit Mini-Interventionen die Teilnehmenden einbinden muss. Und die Bandbreite an Möglichkeiten ist groß.«

Anna Langheiter zählt eine Vielzahl an Interaktionsmöglichkeiten auf:

  • Fragen, die am besten direkt an die Teilnehmenden gestellt werden, um die Antwortzeiten zu verringern
  • Schätzfragen, die die Teilnehmenden im Chat beantworten
  • Rot-Grün-Abfragen, bei der die Teilnehmenden einen roten (falsch) oder grünen (richtig) Gegenstand in die Kamera halten. Die lustigsten Gegenstände waren ein roter und ein grüner Paprika, die österreichische Lösung waren Rot- und Weißwein.
  • Wer es so wie ich schätzt, dass die Kamera eingeschaltet ist, dem seien auch alle Arten von Skalierungen mit der Hand vor der Kamera empfohlen: Daumen hoch/runter, Zahlen von 0 bis 10 zeigen lassen etc.

Diese kreativen Methoden helfen nicht nur, die Aufmerksamkeit der Teilnehmenden zu fesseln, sondern fördern auch die aktive Beteiligung und den Wissensaustausch.

Förderung von Interaktion und Zusammenarbeit im virtuellen Raum

Eine weitere Herausforderungen des Distance Learning ist es, die Interaktion und Zusammenarbeit unter den Teilnehmenden in einem virtuellen Umfeld zu fördern. Anna Langheiter betont in diesem Zusammenhang die Bedeutung von technischem Know-how und sorgfältiger Planung: »Effektive Interaktion und Diskussion in einem virtuellen Raum kann man gut erreichen, wenn man sich mit den technischen Möglichkeiten des Tools (Zoom, Teams, …) und anderen Interaktionstools wie z. B. Miro, Mural, ConceptBoard gut auskennt und sich ausreichend Zeit nimmt. Die Teilnehmer sind ausgesprochen dankbar, wenn sie wegkommen vom erwarteten Frontalvortrag.«

Sie gibt Ratschläge für verschiedene Methoden um die Interaktion zu fördern:

  •  »Diskussion kann man leicht mit spannenden Fragen erzeugen, die direkt in der Gruppe beantwortet werden.
  • Eine Skalierungsabfrage im Chat kann beitragen, die Unterschiedlichkeiten aufzuzeigen und Trainer:innen können dann die Teilnehmenden um mehr Information bitten.
  • Der Breakout-Room ist sowieso die Lösung für Interaktion: von der 2 Minuten Murmelgruppe, über das Speeddating, Kleingruppendiskussionen und Kleingruppenarbeiten am Miroboard.«

Diese Vielfalt an Interaktionsmöglichkeiten kann dazu beitragen, das Engagement der Teilnehmenden zu erhöhen und ein Gefühl der Verbundenheit trotz der räumlichen Trennung zu schaffen.

have the end in mind: Verhaltensänderung nach dem TrainingDie Bedeutung relevanter Inhalte

Neben der Interaktion betont Anna Langheiter die fundamentale Wichtigkeit relevanter und interessanter Inhalte: »Voraussetzung für ein erfolgreiches Online-Seminar ist immer, dass der Inhalt für die Teilnehmenden relevant und interessant gestaltet ist. Wenn es dann noch interaktiv ist, ist der Griff der Teilnehmer zum Mobiltelefon zumindest erschwert.« Es ist also wichtig, die Lernmaterialien und -inhalte sorgfältig auf die Bedürfnisse und Interessen der Teilnehmenden abzustimmen.

Gleichzeitig gilt es immer, das Ziel des Trainings nicht aus den Augen zu verlieren. Auch wenn die Teilnehmenden bei einem speziellen Thema extremes Interesse zeigen, sollten Trainer:innen dennoch weiter im Lehrplan gehen, um den Anforderungen der Auftraggeber:innen gerecht zu werden. Eine eventuelle Vertiefung auf spezielle Themen kann im Nachhinein mit dem Auftraggeber vereinbart werden.

Herausforderungen und Lösungsansätze

Während technische Probleme in der Anfangszeit des Distance Learning oft eine große Hürde darstellten, haben sich diese Herausforderungen nun verschoben: Anna Langheiter: »Die größten Herausforderungen sind nicht mehr oder nur noch sehr selten technischer Natur. Wenn dem doch so ist, kann man die Teilnehmenden über den Chat einbinden bzw. erlauben, das Training zu verlassen und ein anderes Mal nachzuholen.«

Stattdessen sieht Anna Langheiter die Hauptherausforderung in den Lernbedingungen der Teilnehmenden: »Kritischer sehe ich, dass die Teilnehmenden nicht über gute Lernbedingungen wie Ort und/oder Zeit verfügen. Teilnehmer:innen, bei den Kolleginnen und Kollegen, die Führungskräte oder gar die Kundschaft vorbeikommen, können sich gar nicht auf ein Training konzentrieren.«

Um diese Herausforderungen zu bewältigen, schlägt Anna Langheiter mehrere Lösungsansätze vor: »1. Ein mentaler ›Check-in‹ zu Beginn des Trainings: Ein Mini-Einstieg, der es den Teilnehmenden ermöglicht, gedanklich im Training anzukommen. 2. Hohe Interaktion und viele Übungen im Training sind eine Selbstverständlichkeit, damit das Gelernte den ersten Transferschub bekommt. 3. Fokus auf den Lerntransfer in den Arbeitsalltag: :innen nehmen sich und bekommen immer weniger Zeit für die Anwendung des Gelernten im Alltag. Und wie sage ich immer: Ohne Transfer ist alles nix.«

Die Rollen der Führungskräfte und der Lernkultur

Führungskräfte und Unternehmenskultur nehmen jeweils eine wichtige Rolle für den Erfolg von Personalentwicklungs-Maßnahmen ein: »Führungskräfte sind gefordert, die notwendige Unterstützung im Lerntransfer zu geben. Noch höher angesetzt: Die Lernkultur soll jegliche Art des Lernens und Anwendens, sei es aus Präsenztrainings, Live-Online-Lernen oder selbstorganisiertem Lernen mit Leichtigkeit möglich machen«, weiß Anna Langheiter. Diese Aussage unterstreicht, wie wichtig es ist, dass Unternehmen eine Kultur des kontinuierlichen Lernens schaffen und fördern.

Um Lernen zu ermöglichen, müssen Unternehmen auch entsprechende Ressourcen bereitstellen. Dies bedeutet, dedizierte Lernzeiten in den Arbeitsalltag zu integrieren, beispielsweise indem 5 % der Arbeitszeit für Weiterbildung reserviert werden. Zudem ist es wichtig, ausreichend Budget für vielfältige Weiterbildungsmaßnahmen zur Verfügung zu stellen.

Auch Anerkennung und Belohnung spielen eine wichtige Rolle bei der Förderung einer Lernkultur. Lernfortschritte und -erfolge sollten in Mitarbeiterbeurteilungen berücksichtigt werden. Mitarbeiter, die sich aktiv weiterbilden, können öffentlich gelobt und als Vorbilder präsentiert werden, um andere zu motivieren. Eine positive Fehlerkultur ist ein weiterer wichtiger Baustein. Unternehmen sollten eine Atmosphäre schaffen, in der Fehler als Lernchancen gesehen werden. Regelmäßige »Lessons Learned«-Meetings können dazu beitragen, aus Erfahrungen zu lernen und das gewonnene Wissen im Unternehmen zu verbreiten.

Die Zukunft des Distance Learning

Die Meinungen zur Zukunft des Distance Learning gehen in der Branche auseinander. Anna Langheiter beobachtet unterschiedliche Trends: »Distance Learning wird bleiben. Ich erlebe Unternehmen, die aus dem Online-Lernen wieder ganz rausgehen und gleichzeitig sehe ich Unternehmen, die weiterhin auf Distance Learning setzen und es sogar ausbauen. Präsenztraining und Onlinelernen haben beide ihre Berechtigung und ich wünsche mir, dass bei jeder Trainingsmaßnahme eine gute Reflexion stattfindet, warum welches Format gewählt wird.«

Online-Formate in der betrieblichen Weiterbildung bieten zahlreiche Vorteile gegenüber klassischen Präsenztrainings. Sie sind besonders sinnvoll, wenn:

  • Teilnehmende geografisch verteilt sind, was Reisekosten und -zeit spart,
  • Flexibilität beim Lernen gefragt ist, um individuelle Zeitpläne zu berücksichtigen,
  • eine große Anzahl von Mitarbeitenden schnell geschult werden muss (Skalierbarkeit),
  • kontinuierliches Lernen und Mikrolerning im Fokus stehen,
  • standardisierte Inhalte vermittelt werden sollen,
  • Inhalte häufig aktualisiert werden müssen,
  • datengetriebenes Lernen und Fortschrittsverfolgung wichtig sind,
  • langfristige Kosteneffizienz angestrebt wird,
  • technische oder softwarebasierte Schulungen durchgeführt werden.

Die Durchführung von Seminaren in Präsenz bleibt trotz zunehmender Digitalisierung weiterhin sehr relevant. Präsenzseminare bieten einzigartige Vorteile, die online nur schwer zu replizieren sind:

  • Direkte Interaktion: Der persönliche Kontakt zwischen Teilnehmern und Dozenten ermöglicht spontanen Austausch und unmittelbares Feedback.
  • Networking: Informelle Gespräche in den Pausen fördern den Aufbau wertvoller beruflicher Kontakte.
  • Fokussierte Lernumgebung: Ein dedizierter Seminarraum minimiert Ablenkungen und fördert die Konzentration.
  • Gruppendynamik: Die physische Präsenz fördert Teambildung und motiviert zu aktiverer Teilnahme.

trainngstransfer

Das Gelernte anwenden – Transferwirksamkeit!

Implementierung im Unternehmen

Für Unternehmen, die ihre Fortbildungen mit Online-Schulungen ergänzen möchten, hat Anna Langheiter klare Empfehlungen: »Die Onlinewelt bietet vielfältige Möglichkeiten – von einzelnen, punktuellen Live-Online-Trainings, zu Blended-Learning-Formaten bis hin zu rein digitalen Lernstrecken. Wer österreichweit, europaweit oder auch weltweit Mitarbeiter schulen möchte, wird sich vor allem über die Möglichkeit der – klug durchdachten – digitalen Lernstrecke freuen.«

Sie schlägt für den Anfang einen strukturierten Ansatz vor, der verschiedene Elemente kombiniert: »Ich starte Lernstrecken gerne mit einem kurzen und knackigen Live-Online-Training, bei dem ich die Teilnehmenden darauf vorbereite, was im Trainings passieren wird und welches Lernprojekt sie zum Training mitbringen sollen. Denn gerade Online ist es wichtig, an den Alltagssituationen der Teilnehmenden zu arbeiten, was mit einem digitalen Whiteboard sehr gut zu betreuen ist. Ein beliebter Baustein ist bei mir auch das Einbinden von kooperativen Lerneinheiten unter Teilnehmenden und die Betreuung der Projekte durch Trainer:innen oder einen Coach, damit Lernen sozial ist und gut betreut gelingen kann.«

Fazit: Potenzial des Distance Learnings voll ausschöpfen

Distance Learning hat sich als fester Bestandteil der betrieblichen Weiterbildung etabliert. Seine Chancen liegen in der intelligenten Kombination verschiedener Lernformate, der effektiven Nutzung von Technologie und der Schaffung einer unterstützenden Lernkultur im Unternehmen.

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