Trainingsdesign mit Action Mapping geschärft gedacht – Über das Buch „Map It“ von Cathy Moore
Meine 4 Highlights und 6 Learnings
Das Buch „Map It“ von Cathy Moore ist seit 2017 auf dem Markt und liegt wohl schon ebenso lange auf meinem Möglichkeiten-Stapel. Du hast doch sicher auch so einen Stapel an Büchern, für die möglichen Zeitlöcher die sich (nicht?) auftun? Ein Vortrag von Tim Slade und ein Zeitloch später hat sich für mich eine weitere Perspektive auf das Thema Trainingsdesign ergeben.
Das Buch beleuchtet in einem 12-Schritte-Prozess genannt „Action Mapping“, wie man klar und strukturiert den Fokus auf die Verhaltensänderung legen kann. In diesem Blogbeitrag fasse ich die 12 Schritte zusammen und teile meine persönlichen Highlights.
1. Lenke den Kunden in die richtige Richtung
Auftraggeber:innen melden sich am liebsten mit „Wir brauchen ein Training!“ Doch Moore mahnt, das Wort „Training“ gar nicht erst zu verwenden, denn es gibt viele Gründe, warum die Mitarbeitenden nicht das tun, was sie tun sollen. Stattdessen sollte man hinterfragen, welches Problem tatsächlich gelöst werden soll. Hier beginnt der Action-Mapping-Prozess: Weg von einer Lösung (Training!) hin zu einer detaillierten Problemklärung.
Mein Learning: Das Problem und dessen Auswirkungen auch weiterhin in den Fokus stellen und das Wort Training vermeiden.
2. Definiere das Ziel
Das Herzstück jedes erfolgreichen Projekts ist ein klar definiertes Ziel. Dieses Ziel rechtfertigt das Projekt und gibt dem Designprozess eine klare Richtung. Dieses Performance-Ziel wird in 5 Punkten definiert:
- Ein Messkriterium […], das wir schon messen
- erhöht oder verringert sich um […]
- bis Datum […],
- weil die Zielgruppe […]
- das […] im Arbeitsalltag tun wird.
Mein Highlight: Diese Definition ist die Beste, die ich in all den Jahren des Trainingsdesigns gefunden habe. Wenn wir es schaffen, unsere Kunden zu einer so klaren Definition zu verhelfen, dann wissen alle, in welche Richtung wir gehen und wie der Erfolg des Trainings gemessen werden kann.
3. Was müssen die Menschen tun?
Die Auftraggeber:innen lieben es, über mögliche Inhalte zu sprechen und definieren damit oft auch die Länge des Trainings. Und hier wird es schon spannend, denn es geht NICHT um Inhalte, sondern sehr konsequent um die Frage: „Was müssen die Menschen konkret am Arbeitsplatz tun, um das Ziel zu erreichen?“ Es geht eben nicht darum, was Teilnehmende wissen müssen, sondern was sie tun sollen. Das Ergebnis dieses Schrittes ist eine (lange) Liste spezifischer Verhaltensweisen, die beobachtbar und messbar sind.
Mein Highlight: Schon so lange versuche ich es mit der Frage: „Angenommen, Lilo war im Training und Paul nicht: Was macht die Lilo nachher anders?“ Das konsequente Konzentrieren auf die Verhaltensänderung bei gleichzeitigem Aussparen des Wortes Training gefällt mir sehr. [Und hat nebenbei bemerkt eine Auswirkung auf meine Vorgehensweise im Trainingsdesign, der Modulkarte, die mir beim Aufbauen und Strukturieren meiner Trainings hilft.]
4. Warum tun sie nicht, was sie tun sollen?
War es bisher spannend, wird es jetzt sensationell, denn die coolste aller Fragen lautet: „Warum tun sie nicht, was sie tun sollen?“ Und Cathy Moore analysiert dabei 4 Kategorien: Umfeld, Fähigkeiten, Wissen und Motivation.
Kategorie | Frage | Maßnahmen |
Umfeld | Gibt es Hindernisse im Arbeitsumfeld oder in der Unternehmenskultur? | Kein Training, sondern: Prozesse verbessern, Policies verändern … |
Fähigkeiten | Haben die Mitarbeitenden die nötigen Fähigkeiten oder fehlt es an Übung? | Training ist Teil der Lösung |
Wissen | Wissen sie, was zu tun ist, und wie gut sie es tun sollen? | Arbeitshilfe oder Training |
Motivation | Sind sie motiviert, das Verhalten zu zeigen, oder gibt es Blockaden? | Zuerst an den anderen drei Kategorien arbeiten, dann erst auf die Motivation schauen |
Mein Highlight: Die Frage „Warum tun sie nicht, was sie tun sollen?“ hat meinen Blickwinkel verändert. Zuerst wird das Umfeld betrachtet und dann erst auf Fähigkeiten und Wissen eingegangen. Das hat zur Folge, dass von vornherein der Fokus auf die Themen gelegt werden, für die man kein Training sondern organisatorische Änderungen benötigt.
Mir sind an dieser Stelle auch die Stellhebel zum Thema Organisation von Ina Weinbauer-Heidel eingefallen, die man hier auf jeden Fall mitdenken sollte: Werden die Teilnehmenden von Führungskräften und Peers unterstützt? Gibt es eine Transfererwartung im Unternehmen?
Wenn wir hier die Ursachen entdecken und die richtigen Maßnahmen treffen, kommen nur die Themen ins Training, für die Training auch die richtige Lösung ist.
5. Brainstorme Aktivitäten
Wenn die gewünschten Verhaltensweisen geklärt sind, werden Ideen für Übungen / Erfahrungen gesammelt, die den Teilnehmenden helfen, das gewünschte Verhalten zu üben. Wichtig ist, dass diese Aktivitäten realistische Herausforderungen darstellen und die Lernenden in Entscheidungen einbeziehen, die Konsequenzen haben.
Mein Learning: Jetzt sprechen wir über noch immer nicht über Inhalte, sondern nur über die Übungen, mit denen Teilnehmende das gewünschte Verhalten lernen.
6. Überlege das Format
Nicht jede Aktivität braucht dasselbe Format. Von Präsenz-Trainings über E-Learning bis hin zu Quick Reference Cards – Cathy Moore zeigt, dass man das Format wählt, das am besten zur Aktivität und zum Zeitpunkt des Lernens passt.
Mein Learning: Mein Reichtum an Formaten war schon groß, jetzt werde ich mehr in die Ecke der Job Aids schauen (auch hier liegt ein Buch am Möglichkeitenstapel!). Denn bei z. B. Spickzetteln, Checklisten, Ablaufdiagrammen und Entscheidungstabellen hat man schon eine erste Auswahl an Nicht-Training-Tools. Dazu kommen noch die Änderungen, die man in Computerprogrammen vornehmen kann, sodass die Fehler nicht mehr passieren können.
7. Design der Aktivität: Wähle eine Aktivität und interviewe Fachexperten
Jetzt fängt man mit einer Aktivität an und versucht, mit Hilfe der Fachexperten ein besseres Verständnis zu gewinnen. Dabei wird das Problem genauer ansehen und jeweils nach dem häufigsten Fehler gefragt, dann nach weiteren häufigen Fehlern, der richtigen Vorgehensweise und deren Ursachen und Auswirkungen.
Mein Learning: Cathy Moore kommt aus dem E-Learning und nutzt Multiple-Choice-Fragen als Werkzeug zum Aufbau der ganzen Trainingsstruktur, auch wenn die Lösung kein E-Learning sein muss. Die Multiple-Choice-Vorgehensweise allerdings stellt sicher, dass man die Analyse sehr gründlich durchführt.
8. Design der Aktivität: Szene und Optionen entwickeln
Bei diesem Schritt werden realistische Szenarien entwickelt, die möglichst nahe am Arbeitsalltag und mit Zusatzinformation gespickt ist. Denn nur so können Optionen (auf Basis der Multiple-Choice-Fragen) angeboten werden, die die Lernenden durch praxisnahe Szenarien aktiv zum Nachdenken über ihre Entscheidungen bringen.
Mein Learning: Das Denken in Multiple-Choice-Fragen hat mich inspiriert, diese Technik da und dort in Präsenztrainings zu integrieren. Noch bin ich dabei, herauszufinden, wie ich das gut (und wohl nicht durchgängig?) in ein zweitägiges Training einbauen kann.
9. Design der Aktivität: Feedback entwickeln
Eine gute Rückmeldung zeigt den Lernenden, welche Konsequenzen ihre Entscheidungen haben. Moore empfiehlt, für jede Option ein spezifisches Feedback zu geben, um das Lernen zu vertiefen.
Mein Learning: Das Feedback im Sinne von Cathy Moore zeigt direkte Konsequenzen der Entscheidungen auf. Geht es doch darum, dass die Lernenden bei jeder Entscheidung, die sie treffen jeweils die Auswirkung dieser Entscheidung gezeigt bekommen. So verstehen sie wirklich, warum welche Vorgehensweise richtig oder auch falsch ist.
10. Ergänze die notwendigen Informationen
Und erst jetzt, fast gegen Ende, wird nur die Information ergänzt, die unbedingt nötig sind, um die Aktivitäten durchzuführen. Das ist der entscheidende und einschneidende Teil: denn wir kommen endlich raus aus der Inhaltsfalle. Erst wenn wir wissen, welche Übungen gemacht werden, wird genau die wenige wichtige Information ergänzt.
Im Buch werden drei typische Vorgehensweisen für das Zusammenspiel von Information und Üben/Erfahrung beschrieben:
- Information präsentieren / Anwendung demonstrieren / Üben
- Aufgabe stellen / Information präsentieren
- Viele kleine Aufgeben stellen (im Multiple Choice Format) und die Teilnehmenden ziehen sich die Information selbst.
Mein Highlight: Ich habe erkannt, dass ich meine Modulkarte ändern werde. Bisher arbeitete ich nach „Kopf, Herz, Hand“. Jetzt werde ich zuerst die gewünschte Veränderung definieren, dann die Erfahrung, die Teilnehmende im Training machen sollen, und schließlich die Informationen hinzufügen.
11. Einen Prototyp erstellen und verfeinern
Bevor ein Training in die Breite ausgerollt wird, wird ein Prototyp entwickelt, getestet und verfeinert. Dieser Schritt minimiert Fehler und stellt sicher, dass das Training wirklich funktioniert.
12. Rollout und Evaluation
Der finale Schritt ist die Umsetzung und Evaluation aller entwickelten Aktivitäten. Cathy Moore empfiehlt, die Wirkung auf die definierten Performance-Ziele kontinuierlich zu messen.
Fazit: Trainingsdesign mit Action Mapping Ideen ergänzt
Cathy Moores Buch hat mich sehr inspiriert. Ich habe ja ein Buch zum Thema Trainingsdesign geschrieben und habe dauernd hinterfragt und geprüft:
- hat mein Trainingsdesign.Modell bestand? [Ja, hat es!],
- muss ich etwas ändern? [Ja, auf jeden Fall die Trainingsbedarfsanalyse und die Modulkarte],
- war die bisherige Vorgehensweise falsch? [Nein, und doch gibt es interessante neue Aspekte!]
Der Action-Mapping-Ansatz ist eine strukturierte Methode, um Trainings zu entwickeln, die messbare Verhaltensänderungen bewirken. Und ich bin neugierig, wie die Ideen aus diesem Buch in Training und Beratung Einzug halten werden!
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