Fokus setzen: Den Navigator aktiv nutzen

Trainingsdesigner:innen aufgepasst! Lernen Sie in dieser Blog-Reihe den „Navigator“, mein Planungstool für Ihre Designs kennen. Dieses Mal schauen wir uns den Schritt „Fokus“ genauer an.

Gesamtprozess NavigatorTrainings im völligen Chaos designen und am Ende sogar noch etwas vergessen? Das muss nicht so sein! Ich liebe Struktur. Deshalb halte ich mich an mein selbst entwickeltes Planungstool, den „Navigator“. Ich stelle Ihnen dieses Tool in neun Blogbeiträgen vor. Als Bonus enthält jeder Text sechs Methoden, drei für Präsenztrainings und drei für Online-Trainings. Hört sich gut an? Dann los!

Sollten Sie den ersten Blog der Reihe verpasst haben, fangen Sie am besten dort an: Der Navigator.

Zur Erinnerung

Ein Training besteht, je nach verfügbarer Zeit, aus mindestens einem Modul. In der Regel stehen einem für ein Modul 90 Minuten zur Verfügung. Jedes Modul besteht aus vier Schritten „Fokus“, „Information“, „Erfahrung“ und „Transfer“. Also egal, ob am Tag vier Module oder nur eines trainiert werden, jedes Modul wird nach dem Schema FIET designt.

Und jetzt: Fokus setzen

Wenn ein Modul beginnt, ist es für die Teilnehmenden wichtig, sich zu orientieren und den Zusammenhang zwischen den Modulen zu erkennen. Erst danach baue ich Sinn für das neue Thema auf, damit die Teilnehmenden wissen, wozu sie die neue Information lernen sollen.

Rahmen setzen, Zusammenhang verstehen

Für mich ist deshalb der erste Schritt im Design jedes Moduls, dass ich den Rahmen für die Teilnehmenden setze. Zwei Fragen werden geklärt:

  • Wo genau befinden wir uns im Lernprozess?
  • Welche Verbindung gibt es zu den vorher und nachher stattfindenden Modulen?

Die Antworten auf diese Fragen helfen vor allem den strukturierten Teilnehmenden, die eben genau folgendes herausfinden wollen: Wo sind wir im Training und wo ist der Zusammenhang? Ist das geklärt, können sie sich besser auf die Inhalte konzentrieren.

Für die Umsetzung von „Rahmen setzen“ reicht dann oft schon ein einziger Satz: „Vor dem Mittagessen haben wir Thema X behandelt, in dieser Einheit wird es um Thema Y gehen“ oder „Im ersten Modul haben wir den Überblick über die 5 Elemente von XY erarbeitet, jetzt steigen wir tiefer in das erste Element ein.“ Sie können es den Teilnehmenden sogar noch leichter machen, indem Sie ihnen ein optisches Orientierungselement zur Verfügung stellen. Das kann ein Flipchart oder eine Agenda sein, die jederzeit sichtbar ist und auf denen gezeigt werden kann, an welchem Punkt sich die Gruppe im Seminar gerade befindet.

Sinn aufbauen

Im nächsten Unterschritt im Fokus erfahren die Teilnehmenden, warum es für sie Sinn macht, Neues zu lernen und wofür sie es benötigen werden. Nutzen Sie dafür am besten Methoden, die auf das Thema einstimmen und die Teilnehmenden emotional abholen. Der Sinn des Seminars an sich sollte bereits vor Beginn in Form von klaren Trainingsbeschreibungen, einem Live Online Training oder einem mitzubringenden Projekt aufgebaut werden. Je alltags- und transferorientierter das geschieht, desto wichtiger ist es, darauf im Training selbst dann Bezug zu nehmen.

Jetzt zu Beginn jedes Moduls wird in kleinen Schritten immer wieder Sinn für die Lerneinheit aufgebaut. Und da müssen die Teilnehmenden nicht rufen „Hurrah, das wollte ich immer schon lernen!“, es reicht, wenn sie mit einem guten Fokus zu einem „Ich glaube, das könnte für mich interessant/wichtig/relevant sein“ kommen.

Fokus-Tools für Präsenztrainings

Im Folgenden stelle ich Ihnen drei Methoden vor, mit denen Sie in Präsenztrainings den Sinn aufbauen.

Storytelling

Geschichten zu erzählen ist eine der besten Möglichkeiten, Inhalte zu vermitteln, denn diese Technik ist genau an die Lernbedürfnisse der Menschen angepasst. Gute Geschichten sind spannend – das führt zu Aufmerksamkeit, weniger Abschweifung und intensivem Zuhören bei den Teilnehmenden. Geschichten sind emotional – wirken also berührend, ergreifend, was der reinen Information ein Erleben hinzufügt. Aus diesem Grund verstehen Menschen über Geschichten gerade auch komplexe Sachverhalte schneller und können sie sich darüber hinaus auch wesentlich besser merken. Nur Vorteile also. Aber: Wie können Sie diese Methode nutzen?

Storytelling ist dann gut, wenn es authentisch ist. Das bedeutet: Die Trainer:in sollte die Geschichte am besten selbst erlebt haben, nicht Sie als Trainigsdesigner:in. Gerade bei unerfahrenen Trainer:innen macht es daher Sinn, auf Bestehendes zurückzugreifen (Buchempfehlung: „Erzählbar“ I und II von Hans Heß) und anzukündigen, dass die folgende Story nicht von einem selbst stammt. Für erfahrene Trainer:innen können Sie die Stichpunkte notieren, die mit der Geschichte transportiert werden sollten, sodass diese auf ihre eigenen Geschichten zurückgreifen können.

S’Gschichtl

„In der Trainingsdesign Weiterbildung gibt es die Metapher der Ballonfahrt. Ein Ballon steigt auf und fährt und landet. Am Boden kann das Land erkundet werden. Beim Fahren können Dinge von oben betrachtet werden. Die Landerkundungen sind das Training an sich, die Teilnehmer:innen sind die Lernenden. Wenn der Blick auf das Trainingsdesign gelenkt werden soll, steigt der Ballon immer wieder auf. So blicken wir aus der Rolle der Trainingsdesigner:innen auf das Training. Was ist gerade passiert? Weshalb diese Übung? Wieso an dieser Stelle? Mit der Metapher des Ballons ist dieser Switch ganz leicht zu schaffen.“

Diese Geschichte erzähle ich zu Beginn der Weiterbildung, damit die Teilnehmenden verstehen, dass sie teilweise involviert ins Training sind und dann werfe ich mit ihnen einen Blick auf das Design des Trainings und warum ich gerade was gemacht habe.

Videos

Das Bewegtbild fügt dem reinen Erzählen eine weitere Sinnebene hinzu: das Sehen. Wir alle kennen den Spruch: „Bilder sagen mehr als tausend Worte“. Ein Video zu sehen, setzt in unseren Köpfen vielfältige Bewegungen in Gang: wir assoziieren, fühlen, erinnern. Es ist also eine tolle Methode, um den Fokus zu setzen. Wichtig für den Einsatz von Videos ist, dass Sie selbst genau wissen, was bei den Teilnehmenden ankommen soll und welche Aussage das Video transportiert. Achten Sie also genau darauf, dass das Video universell einsetzbar ist, wirklich genau auf das Thema Ihres Moduls eingeht und niemanden verletzt und – aus eigener Erfahrung – diskriminiert.

Die Dauer eines Videos kann bis zu zehn Minuten betragen, auch wenn meist vermutet wird, dass die Länge drei Minuten nicht überschreiten darf. Die Aufmerksamkeit kann von den Teilnehmenden allerdings viel leichter gehalten werden, wenn sie ihnen vor dem Start des Videos eine Aufgabe mitgeben. Ich starte oft mit den Worten: „Ich werde euch jetzt ein Video zeigen, das 6 Minuten und 20 Sekunden dauert. Während ihr das Video seht, achtet bitte auf die 5 Elemente / 7 Fehler / wichtigsten Aspekte,…“ Wenn das Video zu Ende ist, soll die Trainer:in unbedingt auf diese Elemente / Fehler / Aspekte eingehen und dann auch einen Hinweis im Trainerhandbuch haben, wie auf das Trainingsthema übergeleitet wird.

Ein Video-Beispiel

Eine Fachexpertin und Trainerin hatte zwei Mini-Videos im Büro gedreht: eine schlechtes und ein gutes Verkaufsgespräch. Ihr Arbeitsaufwand lag – nach eigenen Angaben – bei 20 Minuten. Die Aufgabe an die Teilnehmenden lag darin, das schlechte Verkaufsgespräche zu analysieren und mit dem guten Gespräch zu vergleichen. Das Wunderbare daran: nicht die Perfektion des Videos zählt – es war flink mit dem Handy gedreht – sondern die Botschaft, die damit vermittelt wird.

Bingo

Bingo, das kennen viele von uns aus amerikanischen Filmen. Ein Glücksspiel, das diejenigen gewinnen lässt, die als erstes eine Reihe senkrecht, waagrecht oder diagonal auf ihrem Blatt durch Ziehungen abhaken konnten, was sie mit einem freudigen „Bingo“-Ruf zum Ausdruck bringen. Im Training nutzen Sie diese Methode folgendermaßen: Sie suchen die 16 wichtigsten Wörter des Moduls raus, die mithilfe eines Bingo-Generators auf DIN-A4-Blättern ausgedruckt und an alle Teilnehmenden verteilt werden. Zuerst markieren diese für sich, welche Begriffe ihnen bekannt, weniger bekannt und unbekannt sind. Danach tauschen sie sich mit ihren Sitznachbarn darüber aus, was sie über diese Begriffe wissen und wo sie noch Lücken haben.

Die Begriffe kommen im Laufe des Moduls alle vor und sollten dann immer auch von den Teilnehmenden abgehakt werden. Wer als erstes eine Reihe hat, ruft Bingo und erhält eine Kleinigkeit, die „gut gemacht“ ausdrückt (Applaus, etwas Süßes oder eine ähnliche Aufmerksamkeit). Diese Methode birgt einen schönen Nebeneffekt: Die Teilnehmenden wissen – noch bevor es richtig losgeht – wann sie aufpassen sollten. Zudem kann zwischendurch mit dem Dokument eine Reflexion darüber stattfinden, was sich bis zu diesem Zeitpunkt hinsichtlich der Bekanntheit der Begriffe getan hat.

Ein Bingo-Beispiel

Ein Bingo-Blatt zum Thema Trainingsdesign könnte folgende Begriffe beinhalten: Trainingsdesigner:in / Moments of Truth / Moments that Matter / Magical Moments / Businessziele / Didaktische Reduktion / Navigator / Recap / Energiser / Trainingstransfer / Kirkpatrick / Metrics that Matter / Zielgruppe / Lerrnziele / Leaner Journey / Business Journey

Fokus-Tools für Onlinetrainings

Trainingsdesign Navigator - Fokus setzenTja, viele Tools eigenen sich für Präsenz- und Onlinetrainings. Daher teile ich hier drei Tools, die auch Online wunderbar funktionieren.

Schätzfragen

Diese Art der Fragen bereichert mein Trainerleben, denn mit guten Schätzfragen kann man wunderbar Aufmerksamkeit auf ein Thema lenken. In der Vorbereitung ist es wichtig, dass man gute Fragen mit Zahlen, Daten, Fakten recherchiert, die auch so aktuell wie möglich sein sollen. Dann werden die Fragen gestellt und die Teilnehmenden dürfen fröhlich schätzen. Die Fragen können dabei unabhängig oder abhängig voneinander sein. Ob die richtigen Antworten gleich oder erst im Laufe der Präsentation gegeben werden, hängt vom gewollten Spannungsaufbau ab.

Technisch können Schätzfragen mit dem Chat oder dem Whiteboard und einem Quiztool durchgeführt werden. Wer mit dem Chat arbeitet, kann die Teilnehmenden bitten, die Schätzung gleichzeitig abzuschicken, damit die Bandbreite möglichst groß ist.

Beispiele aus der Präsenztrainer-Ausbildung

  • Wie oft wird eine Entlassung unbedacht ausgesprochen? Wie viele der so Entlassenen gehen vor Arbeitsgericht? Wie viele, die zum Arbeitsgericht gehen, gewinnen? Und was kostet das das Unternehmen?
  • Wie viele Überstunden werden in Deutschland im Jahr durchschnittlich gemacht?

Rot-Grün-Fragen

Diese Art der Fragen habe ich erst mit dem Onlinetraining schätzen gelernt, denn ich mag es, wenn meine Teilnehmenden die Kamera eingeschaltet haben. So brauche ich sie nur aufzufordern, etwas Rotes und Grünes zu suchen und je nach Antwort in die Kamera zu halten. Das Lustigste, das ich je zu sehen bekam, waren eine rote und eine grüne Paprika!

In der Vorbereitung sind Rot-Grün-Fragen den Schätzfragen ähnlich: gut recherchiert, so aktuell wie möglich und mit richtig oder falsch zu beantworten. Technisch benötigen alle eine eingeschaltete Kamera, natürlich kann man auch den Chat oder ein Quiztool verwenden.

Beispiele aus der Live-Online-Trainer Ausbildung

  • Ist es gut, online lange Pausen zu machen?
  • Kann man im Onlinetraining mit Flipchart und Pinnwand arbeiten?
  • Können die Teilnehmenden in den Gruppenräumen jederzeit zum Trainer in den Hauptraum kommen?
  • Die Teilnehmenden schreiben etwas in den Chat: soll der Trainer das sofort kommentieren?

Zitate und Sprüche

Klar kennt man das aus dem Präsenztraining, doch auch Online funktioniert der Einstieg mit Zitaten und Sprüchen wunderbar. Vor allem wenn die Teilnehmenden ihre Überlegungen dazu auf das Whiteboard oder in den Chat schreiben. Wer ein Zitat oder einen Spruch sucht, geht am besten in eine Suchmaschine, gibt das Trainingsthema ein und den Begriff „Zitat“ ein und wird schnell fündig. Wie auch bei Videos gilt es darauf zu achten, was die genaue Botschaft ist und auf welches Thema man überleiten will. Und natürlich: „Have the end in mind“.

Die Trainer:in präsentieren den Spruch über das Onlinetool und fragt: „Welchen Bezug sehen Sie in Bezug auf das Trainingsthema?“ Über die Antworten und weitere Fragen führt er die Teilnehmenden zum Thema. 

Beispiel für ein Zitat

„Wenn ich die Menschen gefragt hätte, was sie wollen, hätten sie gesagt, schnellere Pferde“. (Quelle: Dieses Zitat wird Henry Ford zugeschrieben)

Dieser Spruch passt beispielsweise gut, wenn die Teilnehmenden dazu angeregt werden sollen, über ihren derzeitigen Tellerrand zu schauen, um zu sehen, welche Möglichkeiten sie noch haben. Statt „Haben wir schon immer so gemacht“ soll damit der Entdeckergeist geweckt werden und ihnen soll klarwerden, dass sie ja weiterkommen wollen und sich mit ihren alten Gewohnheiten dabei behindern. Aus eigener Erfahrung ergänze ich, dass es wichtig ist, die Quelle zu recherchieren!

Beispiel & mein derzeitiger Favorit für einen Spruch

„Bei manchen Teilnehmenden wünsche ich mir – wie bei WhatsApp – Häkchen auf der Stirn, um zu sehen, ob meine Botschaft angekommen ist. Noch besser wäre es, wenn die Häkchen blau werden, wenn sie es kapiert haben.“

Dieser Spruch passt hervorragend zum Thema „Training“ und „Lernen“. Und wie prächtig wäre es, wenn wir als Trainer:innen immer wüssten, ob die Botschaft angekommen ist!?

 

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